dpa-Virenwarnung loeste heftige Debatten unter den Experten aus
Computerhandel mit Kundenanfragen ueberfordert
Hamburg/Frankfurt/Berlin (emp/mik) - Grossen Wirbel loeste
vergangenen Freitag eine dpa-Meldung ueber einen Computervirus
aus, der Daten auf Personal-Computern (PC's) mit dem
Betriebssystem MS-DOS zerstoeren kann. Nachdem das US-
Verteidigungsministerium vergangenen Monat bekannt gab, auf den
Systemen der Ministeriums sei ein besonders gefaehrlicher
Computervirus entdeckt worden, loeste diese Nachrichten vor allem
in den USA panikartige Reaktionen unter EDV-Anwendern aus. Als
schliesslich auch IBM in Europa die Kunden schriftlich vor dem
Virus warnte, stieg dpa ein und die "Virenpanik" schwappte auf
Europa ueber. Zusaetzliche Verwirrung stiftete die Tatsache, dass
gleich zwei Viren zur Diskussionen standen. Zum einen der
"Datacrime" dessen Ausloese-Datum der 12. Oktober war, sowie der
Jerusalem oder Israel-Virus, dessen Ausloese-Datum auf Freitag
den 13. programmiert sein soll.
"Entsetzt" zeigte sich Prof. Klaus Brunnstein aus Hamburg
ueber die Nachrichtengebung in der Presse. Gegenueber
Journalisten, die Mitglieder des Chaos Computer Club zu
Stellungnahmen baten, sagte Brunnstein, der CCC sei keine
serioese Quelle fuer dieses Thema. Brunnstein forderte den
Hamburger Chaos Computer Club auf, waehrend des naechsten
Hackerkongress in Hamburg das Thema Viren unter dem Aspekt einer
zunehmend kriminellen Entwicklung aufzugreifen.
Anlaesslich einer Podiumsdiskussion zum Thema Datensicherheit
waehrend der Buerodata in Berlin sagte Steven T. Blythe von der
EDV-Sicherheitsfirma IBD in Frankfurt, die Presseberichte seien
positiv zu bewerten. Indem sie ein heisses Thema aufgreifen,
werde in OEffentlichkeit ein Bewusstsein fuer die Gefahren
geschaffen. Sybille Ehlers, Verkaufsleiterin der North American
Software in Muenchen vertrat dagegen die Auffassung, dass die
Virenberichte zu einer starken Verunsicherung bei den Anwendern
fuehren und eher schaedlich seien. Sie erlebe immer wieder, dass
Kunden Kaufentscheidungen nach derartigen Presseberichten
zuruecknehmen.
Ansgar Detlefs, Verkaufsleiter der Asthon Tate Nord meinte,
das Thema Viren werde kuenstlich aufgebauscht. Anwender, die
Viren auf dem System haben seien selbst schuld. Computerviren
koennten sich nur dort verbreiten, wo mit nicht lizensierter
Software und Programmen unklarer Herkunft gearbeitet wird.
Mitglieder des Chaos Computer Club erklaerten, die Presseberichte
wuerden derzeit vor allem von Software-Herstellern genutzt, um
gegen das unerlaubte Kopieren von Programmen vorzugehen.
Betroffen seien Privatleute oder kleine und mittlere
Unternehmen, die sich aus ihrem jeweiligen sozialen Umfeld
Programme besorgen. Die Computerexperten seien aufgefordert,
ihre "Facharroganz" aufzugeben und das Thema fuer jedermann
verstaendlich darzulegen.
In einer Studie des Bundesforschungsministeriums (BMFT), die
in Kuerze veroeffentlicht wird, heisst es unter anderem, viele
Anwender seien sich der Gefahren durch Computerviren nicht
bewusst. Nach BMFT-Informationen soll die bislang nur
Institutionen der Bundesverwaltung zugaengige bundeseigene
"Zentralstelle fuer Sicherheit in der Informationstechnik" (ZST)
ab 1991 auch privaten Anwendern zur Pruefung der Sicherheit ihrer
Systeme zugaenglich sein.
Aus aktuellem Anlass verschickte der Chaos Computer Club
eine Ausgabe der Zeitschrift "Labor" vom Maerz 1989. Die
Redaktion hatte Steckbriefe und Kurzbeschreibungen von ueber 200
bekannten Virenprogrammen zusammengestellt. Darueber hinaus
berichtete die Zeitschrift ueber verschiedene Programme, mit
denen Viren aufgespuert oder unschaedlich gemacht werden koennen.
(Bezugsquelle: Labor; Hospitalstrasse 61; 2000 Hamburg 50). In
einem weiteren Bericht griff Labor die Geschaeftspraxis der
amerikanischen Softwarefirma Brain Computer Services auf. Bis
1987 verkaufte das Unternehmen virenverseuchte Programme. Der
Computervirus zerstoerte Daten, wenn von den Programmen des
Unternehmens illegale Kopien angefertigt wurden.
emp: E-Mail-Press
Tel: 040/27 51 86, MIK-Magazin
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