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Der CCC'92 - "Chaos !? Creativ ?!", oder "Ausser Spesen nix gewesen!"


Als Naddy und ich irgendwann im Laufe des Vormittags am Samstag, dem
26. Dezember, uns aus den Betten schaelten, konnten wir noch nicht ahnen,
welche Strapazen vor uns liegen wuerden. Normalerweise waeren wir gemuetlich
Samstag nachmittag losgetrudelt, um irgendwo in der Mitte der Strecke nach
Hamburg gemuetlich zu uebernachten, aber es begab sich zur Weihnachtszeit,
und es fand sich niemand, der die mueden Wanderer beherbergen wollte
[mit Sentimentalitaet auf die Weihnachtsgeschichte abzieh ... :-]

Die Abfahrt nach Hamburg zum CCC hatten wir also notgedrungen auf Samstag
abend, 23:00h angesetzt, um noch rechtzeitig zum Congressbeginn in HH
einzutreffen (Nach dem Motto: "Wenn's schon nur drei Tage sind, und wir
extra dorthin fahren, dann wollen wir aber auch *ALLES* mitkriegen").

Die Fahrt ging - entgegen einiger Strassenzustandsaussagen - relativ glatt
ab, und wir konnten nach etwa 6 bis 7 Stunden Fahrzeit uns schon gegen
6 Uhr morgens in HH waehnen. Natuerlich war es ein sonntaeglicher Morgen,
also war anstatt eines Fruehstuecks bei einem Baecker nur eine duerftige
Keksparty im Eidelstedter Buergerhaus angesagt (man hatte uns zum Glueck
die Tueren nicht verriegelt, und wir konnten einige halbtote Gestalten
bewundern, die wohl - aehnlich wie wir - die Nacht durchgemacht hatten,
mit dem kleinen Unterschied, dass sie wohl nicht 600km gefahren waren :-).

Kaum warteten wir ca. 4 Stunden, schon sollte der Congress eroeffnet werden!
Wow! Bereits um 10:00h. In der Aula! Boah, ey. Ausser einer verlassenen
Aula fanden wir aber relativ wenig vor. Nach wenigen Minuten joggte irgend-
ein Chaot (keine Beledigung! Das is' wohl nur die Bezeichnung eines Mit-
glieds des CCC) vorbei und verkuendigte im Namen des Herrn (?): "Noe! Es
geht noch nicht los! Der Start is' erst um 12:00h". Diese geschenkten
zwei Stunden mussten wir natuerlich gleich nutzen, um den Leuten, die
wir in den vier Stunden zuvor schon angetroffen hatten, zum dritten
Mal die Hand zu schuetteln und zum fuenften Mal in allen moeglichen Zimmern
des Buergerhauses umherzugeistern, um folgende Rauminhalte vorzufinden:

1. Das Klo. Weniger spektakulaer, aber trotzdem noch das nuetzlichste Oertchen
   von allen.
2. Die Aula, in der wir gerade gesessen waren. Teilweise begnuegte man sich,
   mit einem RGB-Projektor ein Liniengitter auf die Leinwand zu projizieren
   (ich weiss, das Wort hat nen Rechtschreibfehler, nur wo isser ?!), oder,
   welch Luxus, die 3 bereits Anwesenden mit MTV zu begluecken :-)
3. Der Funk-Center. Dort sassen irgendwelche Leute vor irgendwelchen
   Geraeten, um sich scheinbar auf eine Vorfuehrung vorzubereiten. Naja,
   dabei fuellten sie so geschickt den vorhandenen Platz aus, dass einem
   jegliche Lust verging, ihnen dabei ueber die Schulter zu schauen.
4. Das "Chaos-Cafe". Nunja. Hier gibt's zu Essen (falls vorhanden) und
   zu Trinken (falls vorhanden). Hmm. Was soll ich noch sagen ?! Noe.
   Kein weiterer Kommentar.
5. Die Projektleitung. Dank einem Schild "Zutritt nur fuer Projektleiter
   oder so" (ziemlicher Originalton) hat der Standard-08/15-"Hacker"
   davon wohl relativ wenig gehabt.
6. Das Archiv. Hier befanden sich diverse Ordner mit so aktuellen Themen
   wie zum Bleistift "Programmierung des 6502", "Pascal mit dem Z80", und
   einige subersive, aber bereits angestaubte Publikationen. Einige
   Datenschleuder-Ausgaben wurden auch noch verkauft, sowie ein paar
   "Hack-Tic"-T-Shirts & Mags (das war wohl noch das interessanteste).
7. Das "Hack-Center" und sein Nebenraum: Hier standen, wohlbehuetet und
   wohlbehackt, einige Kisten herum, wie zum Bleistift ein Falcon 030
   (es muss ihn wohl allem Anschein nach geben), ein paar ausgeschaltete
   Tandberg-Terminals, ein paar unsaegliche Dosen, teilweise mit ein paar
   unsaeglichen Unix-Versionen ausgestattet, auf denen dann auch eine
   Internet-Verbindung zu sehen war, ein NeXT, ... joh, das war's wohl ...
   "Wohlbehuetet" waren die Kisten deswegen, weil immer der zugehoerige
   Besitzer (oder ein Stellvertreter) vor der jeweiligen Kiste sass, und,
   ohne grosses Interesse an einer Vorfuehrung zeigend, die jeweilige Kiste
   "wohlbehackte". Eigentlich dachte ich, es waere lustig, mich mal vom
   Congress aus in die sun.rhrk.uni-kl.de einzuloggen, ... aber entweder
   waren die entsprechenden Rechner besetzt, oder einer war wirklich mal
   frei, allerdings muesse ich, so erklaert man mir, bei der Benutzung
   "Creativitaet" aufbringen, wenn ich den Password-Schutz des Rechners
   knacken wollte.... grr.... Ansonsten sah man noch ein paar Gaeste
   des hollaendischen Hackermagazins "Hack-Tic" einige Demon-Dialers
   zusammenzuloeten (im Prinzip eine very-advanced-Rainbow-Box, da
   Taschensynthi :-)

Aus 1 bis 7 erkennen wir: Es gab absolut NIX neues. Nix. Vom einen Raum
zum anderen laufen und sich langweilen. Gaehn! Hui! Wir haben uns schon
zwei Stunden gelangweilt ?! Spitze! Mittlerweile wurden einige hand-
schriftlich verfasste "Programme" ueberall ausgehaengt, und um 12.15 Uhr
ging's dann wirklich los mit der Begruessung in der Aula.

Nachdem Onkel Wau es sich nicht hatte nehmen lassen, ueber den Congress
im voraus zu laestern (teilweise sehr berechtigt, teilweise ziemlich
duemmlich: "Ja,... und was mir auch nicht gefaellt... Der Untertitel
'Europaeische Hackerparty' ... Leute! Denkt doch mal an die Leute im
Osten Europas. Die haben da nicht mal vernuenftige Telefonnetze ! Da
ist es doch anmassend, von einer 'europaeischen Hackerparty' zu sprechen!
Ich finde es besser, was die Hollaender da gemacht haben. Die hatten
den Untertitel 'Galaktische Hackerparty'" - aeh, irgendwie frage ich
mich, was dieser Mann wollte :-), gab man offiziell zu, dass man wohl
selber noch nicht den geringsten Plan vom Kongress hatte, dass man nicht
wusste, welcher der geladenen Referenten (tja, der CCC muss wohl immer
Referenten einladen, er selbst kriegt wohl ausser einem "Haspa-Hack"
nix auf die Beine... sagen wir mal, fast nichts...) nun erscheinen
wuerde, und welche Vortraege gehalten wuerden.... Und wieso man ueberhaupt
man einen Kongress hielt,... und generell und Gott und die Welt und
vor allem weissnix.

Gurgl. Von einer Muedigkeitsattacke geplagt wandelten Naddy und ich durch
den Congress, um.... oh Wunder ... einen halbwegs interessanten Workshop
zum Thema Telefonkarten zu finden, der darueberhinaus noch ansatzweise
neue Informationen zu dieser Materie bot, wobei ein Grossteil wohl in
den Unterrichtsblaettern der DBP Ekelkom nachzulesen ist... Aber die
Insider-Infos, die man uns bot, liessen uns schon ein wenig gruebeln, woher
diese denn kamen ...

Nachdem wir uns dann nach einer Stunde von dem Workshop losreissen konnten
(der Referent fing nun wieder an, alles von vorne zu erzaehlen, da sich
 neue Interessenten eingefunden hatten), versuchten wir vergeblich, uns
ausserhalb des Buergerhauses eine Kleinigkeit zu Essen zu organisieren.
Klar. Sonntags hat auch Monsieur Doener zu ... :-( Zum Glueck gab's dann
im Chaos-Cafe DOCH wieder Broetchen, die vorher scheinbar grad ausgegangen
waren !

Wieder blieb einige Zeit, um in der Luft zu haengen, denn der naechste
Vortrag sollte erst wieder gegen ... 15 Uhr oder so beginnen. Und dabei
war der gute nichtmal besonders interessant, es handelte sich dabei um
eine Einfuehrung in die Nutzung des Internet (naja, kann sein, dass mein
Zeitkontinuum an dieser Stelle etwas aus dem Gefuege geraet, da ich doch
von erheblichen sleep-attacks verfolgt wurde, bereits etwa 25 Stunden
auf den Beinen). Gegen Ende des Internet-Vortrags gesellten wir uns wieder
in die Aula, um uns einen Platz in "Blueboxing - quo vadis?" zu sichern.
Doch auch dieser Vortrag brachte im Wesentlichen nichts neues. Interessant
war jedoch der Mensch von der "Hack-Tic" aus Holland, der einiges an Wissen
zu diesem Thema zu besitzen scheint. [Kann sein, dass ihr bald eine
Zusammenfassung DIESES Vortrags lesen koennt, wenn ich von Naddy irgendwie
wieder meine Mitschrift organisieren kann :-].

Danach entschlossen Naddy und ich uns dazu, irgendwo kreuz und quer durch
Hamburg zu einem Lokal zum Essen zu fahren (mit "Schnellbus", U- und S-Bahn),
das ich waehrend eines Hamburg-Urlaubs aufgetan hatte. ("Wenn die Leute
schon nicht wissen, was sie machen sollen, dann machen wenigstens WIR
creatives Chaos ! :-)"). Natuerlich kamen wir leider *ETWAS* spaet ins
Buergerhaus zurueck, da die U-Bahn-Station Eidelstedt doch (ueberraschender-
weise) etwa 1-2 km vom Buergerhaus entfernt ist - und wir zunaechst zweimalig
in die falsche Richtung gelaufen waren. Klar, dass unsere reservierten
Schlafplaetze bei der Schlafplatzorga, die ueberraschenderweise als einzige
Veranstaltung schon um 20:00 Uhr wie geplant stattgefunden hatte,
vergeben wurden. Um 21:30 eintreffend, konnten wir nur noch den Trupp
in Richtung Schnellbusse wanken sehen .. :-(). Wir fragten natuerlich
in der Projektleitung nach einem Schlafplatz nach: "Oeh... aeh... nee,
das sieht aber sehr schlecht aus!", doch man bemuehte sich, fuer uns noch
was zu besorgen. Waehrend dieses Bemuehens liessen wir uns das Programm fuer
den folgenden Tag zeigen, um einmuetig festzustellen, dass darunter
KEINE Veranstaltung gewesen waere, die uns auch nur EINIGERMASSEN
interessiert haette. Bereits ca. 32 Stunden auf den Beinen, beschlossen
wir nun einmuetig, den Congress innerhalb der naechsten Minute noch zu
verlassen (das war wohl etwa die Zeit, die wir benoetigten, um zum
Ausgang zu gelangen). Nach einigen "Nie wieder!"-Fluechen traten wir die
Heimfahrt an, und gelangten gegen etwa 5 Uhr morgens in die heimatlichen
Gefilde.

Wir wissen auch bereits, wer beim CCC'93 NICHT anwesend sein wird.

Autor: Andreas Benkel (andi@nirwana.ruessel.sub.org)

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