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MultiMedia - Schlagwort, Trend oder was?


Was ist Multimedia?
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Was immer man auch liest, wohin man auch auf der CeBIT geschaut hat:
MultiMedia ist IN. Kaum einer traut sich mehr, ohne entsprechende Produkte
aufzutreten. Dabei ist jedoch manchmal mehr Schein als Sein angesagt.
'Wir benutzen doch schon seit Jahren Multi-Media' behaupten einige gar und
meinen damit z.B. Ton-Dia-Schauen mit Begleitmaterial. Andere sind stolz, wenn
sie ihren Computer mit CD-ROM, Bildplattenspieler oder Stereoton anbieten.
Vieles sind auch Demonstrationsobjekte ('Spielzeug'), die zeigen sollen, dass
man im Trend liegt, mit der Zeit geht und nicht hinterherhinkt.
Ein schoene Anwendung ist z.B. das Einblenden von Videos auf dem Computer-
monitor. Die Bildsignale werden aber nicht im Computer gemischt sondern die
digitalen Computerdaten und die analogen Videodaten werden erst bei der
Darstellung zusammengefasst.

Von echter Multimedia, wie sie heute verstanden wird, sind solche Anwendungen
jedoch weit entfernt, denn Multimedia ist mehr als ein PC mit CD-ROM Laufwerk
und Video- und Soundkarte.
Erst wenn alle Daten im Computer digital integriert und verarbeitet werden und
der Benutzer interaktiv den Ablauf beeinflussen kann, ist der Begriff
Multimedia richtig mit Leben erfuellt; dahinter steckt die Idee der immer
perfekter simulierten natuerlichen menschlichen Kommunikation.


Anwendungen
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Einsatzgebiete:
- wo ein Produkt erklaert oder praesentiert werden soll
- der Betrachter ueber das Gebotene hinaus mehr wissen will
- Lehr- und Lernsysteme bei Aus- und Weiterbildung
- Simulation
- (technische) Gebrauchsanleitungen/Dokumentation/Handbuecher
- Werbung/Verkauf, 'Point of sale'
- Informationsterminals
- 'Infotainment'
- Hobbymarkt

Die Praesentation ist das Gebiet, wo Multimedia unschlagbar ist und voll zur
Geltung kommt. Ein Produkt wird in Bild, Ton und Schrift dargestellt und der
Betrachter kann sich aussuchen, worueber er mehr erfahren moechte.
Dazu zaehlen dann auch interaktive Lexika. Man waehlt einen Begriff an und
bekommt dazu dann eine Musik und ein Video vorgespielt. Das Beispiel ueber-
haupt ist hier MicroSofts 'Bookshelf for Windows'.
Ersatzteil- und vor allem Versandhauskataloge lassen sich ebenso optimal
multimedial verwirklichen.
Die zweite grosse Schiene ist das computerbasierte Lernen (CBT, computer based
training). Interaktives Lernen am und mit dem Computer wird schon laenger
erfolgreich eingesetzt, und die multimediale Erweiterung ist nur eine logische
Konsequenz.
Durch Zuhoeren alleine behaelt man nur 25% der Information, durch sehen schon
50%, und durch Multimedia, Bild, Ton und eigene Aktivitaet, werden 70 % der
Information aufgenommen.
Zudem kann der Schueler individuell bestimmen, wie er lernt, in welchem Tempo,
welche Abschnitte, etc.
Bei DuPont lernen LKW-Fahrer multimedial den Gefahrguttransport, die Lufthansa
in Bremen simuliert verkehrsrelevante Situationen, bei der die Reaktion des
Benutzers erfasst und in die Simulation eingearbeitet werden.
Bei Touristikinformationssystemen waehlt man z.B. eine Stadt aus, klickt auf
dem Stadtplan einen Platz aus, zu dem dann ein Video gezeigt wird. Will man
dann mehr zu einem im Video gezeigten Gebaeude wissen, so klickt man das
einfach an.

Teilweise schon realisiert ist die Multimedia am 'point of sale', z.B. im
Supermarkt. In Amerika gibt es Einkaufswagen mit integriertem Monitor, der
einen zu den Sonderangeboten leitet.


Zukunftsvision
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Noch ist es so, dass das System nur auf Aktionen des Menschen reagiert. In den
menuegesteuerten Ablaeufen, wird die Verbindung zwischen den Komponenten
allein vom Menschen gesteuert.
Das System der Zukunft wird ein aktives Medium sein, dass aufgrund von eigenem
Wissen nicht nur reagiert sondern auch selbstaendig agiert.
Es wird zu einem intelligenten Assistenten des Menschen werden, das natuer-
liche Kommunikationsformen wie Sprache oder Fingerzeig versteht und selber
benutzt, Daten aus aller Welt sammelt und daraus selbstaendig auszufuehrende
Aktionen ableitet.
An Strassenecken stehen selbsterklaerende Informationssysteme, 'Multimedia-
Boxen', und preisen in Wort, Bild und Ton Waren oder Dienstleistungen an.
Gesteuert wird durch Spracheingabe oder Touchscreen. Ausserdem wird noch ein
Kartenleser zum sofortigem Bestellen vorhanden sein.
Probleme, die auf dem Weg dorthin ueberwunden werden muessen, haengen mit dem
wissenbasierten Verfahren (kuenstliche Intelligenz) und der Sprach- und
Bilderkennung und -verarbeitung zusammen. Nicht zuletzt muss auch der Bereich
der dreidimensionalen realen und virtuellen Welten in das Konzept mit
einbezogen werden. Obwohl wir der staendig steigenden Rechenleistung und
Speicherkapazitaet die Verwirklichung von Multimedia verdanken wird es noch
einige Zeit dauern, bis die erforderlichen Verfahren und Rechenleistungen fuer
solche Visionen ausreichen.


Das liebe Geld
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Fuer 1992 erwartet das britische Marktforschungsinstitut Inteco im Bereich
Multimedia allein fuer Deutschland einen Umsatz von 800 Mio. US-Dollar, fuer
1993 prognostizieren sie gar das Doppelte. Das amerikanische Marktfor-
schungsinstitut Workstation Group erwartet optimistischerweise bis 1994
weltweite Ausgaben in Hoehe von 24,1 Milliarden US-Dollar.
Ein Innovationsschub wird bei mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar in Deutschland
erwartet, also 1993.
Bisher war und ist Multimedia eine teure Angelegenheit:
Fuer professionale Animation muss man 50 - 60.000 DM ausgeben, fuer
industrielle Multimedia-Systeme geht das gar in die Hunderttausende.
Konzeptionelle Entwicklungsarbeit auf einem Software-Neuland und hoch-
technisches Equipment haben halt ihren Preis.

In den Kostenaspekt sind denn auch mit einzubeziehen:
- Personalkosten zur Bedienung
- Schulungskosten fuer Anwender
- Unstellungskosten (z.B. Verkabelung)
- laufende Betriebskosten
- Folgekosten (Datenpflege, Programmwartung, etc)
- Die Amortisierung ist laengerfristig
Die Grenzen des technisch Machbaren liegen in also erster Linie auf der
Kostenseite.


Die Verfahren dahinter: GIF, JPEG und DVI
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Angeschlossene analoge Bildspeicher wie Bildplattenspieler und Video sind erst
der Anfang.
Bedenkt man jedoch, dass eine digitalisierte Sekunde Video ca. 20 MB ausmacht
und 1 Minute bereits ein GigaByte, kann man sich die mit der Digitalisierung
verbundenen Probleme vorstellen.
Deswegen werden die Bilddaten komprimiert. Bei Standbildern gibt es die
Verfahren GIF (graphic interchange format) und JPEG (joint photographic expert
group).
GIF ist am besten geeignet fuer computergenerierte Bilder mit einfarbigen
Flaechen und scharfen Kanten, JPEG erzielt eine doppelt so hohe Kompression
von 10:1 bis 20:1 bei natuerlichen Bildern mit Farbverlaeufen und unscharfen
Kanten. Erreicht wird dies zum einen durch eine 'lossless compression' ohne
Verlust von Bildinformation bei geringer Kompression allein durch Aussonderung
von Redunanzen (ergibt 50% Ersparnis) und einer 'lossy compression', dessen
Verluste aufgrund der beschraenkten Aufnahmefaehigkeit des menschlichen Auges
jedoch kaum auffallen.
Z.B. kann auf viel Farbinformation verzichtet werden, da das menschliche Auge
viel sensibler auf Helligkeitsunterschiede als auf Farbdifferenzen reagiert.


DVI
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Fuer Bewegtbilder gibt es im wesentlichen zwei Verfahren: MPEG (Motion Picture
Expert Group) und DVI (Digital Video Interactive). Durchsetzen wird sich
wahrscheinlich DVI von Intel, das Kompressionsraten von maximal 160:1
erreicht. DVI ist ein komplexes, Intel-eigenes Verfahren, dass aus einem
dreistufigem Algorithmus und einem speziellen Chipset (1750B) besteht.
Im ersten Schritt werden dreiviertel der Information schlicht weggelassen,
indem man jede zweite Spalte und Reihe ueberspringt ('Subsampling').
Der zweite Schritt ist eine Intra-Frame Kompression der Einzelbilder, aehnlich
dem JPEG-Verfahren.
Im dritten Schritt wird ausgenutzt, dass sich aufeinanderfolgende Bilder
aehnlich sind - z.B. der Hintergrund gleich bleibt -, und deshalb nur die
Veraenderungen gespeichert werden brauchen.
Daraus ergibt sich jedoch die Notwendigkeit, die spaeter von Programmen
angesteuerten Einzelbilder ('Hooks') schon beim Speichern anzugeben.
Fuer das Abspielen ist ein 'Delivery-Board' notwendig, fuer Echtzeit-Digita-
lisierungen ein 'Capture-Daughterboard'.
Mit dem Capture-Board lassen sich die Bilder allerdings nur beschraenkt in
Echtzeit digitalisieren. Im RTV-Modus (Real Time Video) laesst die
beschraenkte Rechenleistung selbst mit Qualitaetseinbussen nur eine Kompres-
sion von 40:1 bis 80:1 zu.
Dies reicht noch nicht aus, um CD-ROMs als Datentraeger fuer digitales Video
zu nutzen.
Um ueber 70 Minuten Video (entspricht einer Kompression von 160:1) auf einer
12cm CD zu speichern, muessen die analogen Videos an sogenannte 'Compression
Center' geschickt werden. Dort findet die PLV-Kompression (Production Level
Video) auf spezialisierten, Intel-eigenen Paralellrechnern durchgefuehrt.
Trotzdem benoetigen diese Rechner wegen der aufwendigen Berechnungen noch ein
vielfaches der Spieldauer.
Jeder DVI-faehige Computer kann aber auch die mit PLV erstellten Videos
abspielen.

Bei VGA 640x480 werden folgende Aufloesungen unterstuetzt:
PLV ............. 256x240
RTV 2.0 ......... 256x240
Echtzeit-Monitor  512x480
Standbild ....... 512x480

Und bei XGA 1024x768:
PLV ...... 256x240 (Fenster)
PLV ...... 256x192 (Vollbild)
RTV 2.0 .. 256x240 (Fenster)
RTV 2.0 .. 256x192 (Vollbild)
Monitor    512x480
Standbild  410x384 (9-Bit)
Standbild  820x768 (16-Bit)

Audio kann zusammen mit den Videodaten komprimiert gespeichert werden,
allerdings nur mit maximal Mono-HiFi 20-14.000 Hz oder Stereo 20-7.000 Hz.
Die Speicherkapazitaet einer 12cm CD-ROM:
44 Stunden Musik, 650 000 Seiten Text, 40 000 Bilder, 72 Minuten Video bei 30
(NTSC) Bildern pro Sekunde, 4 Audiokanaele
Da alle Daten digital vorliegen, koennen sie schnell z.b. per Modem, Diskette
oder aehnlichem aktualisiert werden.


Multimedia mobil
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FAST Electronic hat im Auftrag von Toshiba ein DVI-Board mit Ansteuerung von
Farb-LCD-Bilschirmen, wie sie in Laptops verwendet werden, entwickelt. Ein
Problem hierbei war, dass DVI normalerweise ein analoges VGA-Bildsignal
erzeugt, LCD-Displays aber digital arbeiten.
Das DVI-Board muss sich der Taktfrequenz der VGA-Karte anpassen. Eine perfekte
Synchronisation ist aber wegen unterschiedlicher Pixelgroessen nicht moeglich,
so dass beim Mischen mit dem 'Keying'-Verfahren einige Pixel in einem
undefinierten RGB-Status bleiben. Analog-Monitoren macht das nix, aber die
digital angesteuerten LCD-Bildschirme brauchen eindeutige Werte.
Deswegen wurde hier zur Synchronisation ein FiFo-Zwischenspeicher eingesetzt,
der im Signale im DVI-Takt einliest und nach Verarbeitung im VGA-Takt ausgibt.
Das Ergebnis nach dem Mischen ist also ein analoges VGA-Signal, dass so aber
auch nicht von dem LCD-Bildschirm benutzbar ist. Die Umsetzung in digitale 18
bit RGB-Werte erfolgt durch eine Farbpalette (Colour-Lookup-Table).
Der Toshiba PC T6400, fuer den dieser Aufwand getrieben wurde, ist ein 486er
(25 MHz SX oder 33 MHz DX) mit Aktiv-Matrix (TFT) LCD-Farbschirm, hat 4 MB
Speicher, 120 oder 200 MB Festplatte, Kommunikationssteckplatz fuer Modem, Fax
oder ISDN. Statt eines normalen 3 1/2" Laufwerks kann mit SCSI Adapter ein 8cm
CD-ROM Laufwerk eingebaut werden.
Auf der CD-ROM (aehnlich den Musik-CDS, Kapazitaet 200 MB) lassen sich bis zu
20 Minuten Video speichern. Allerding ist das Aufzeichungsformat nicht
kompatibel mit dem der standardisierten CD-ROM Laufwerken.


                                 Michael Niermann <murray@sol.ccc.de>


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