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Konferenzbericht "Supercomputing '91'"


Bericht
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 Die "Supercomputing '91 Konferenz und Ausstellung" fand vom 18.- 22.
November in Albuquerque, New Mexico statt. Es ist die vierte dieser Art in
den USA und allein der Umfang des technischen Programms spricht fuer das
stetig wachsende Interesse an diesem Gebiet: 83 ausgesuchte Vortraege (von
215 eingesandten) und 8 eingeladene Praesentationen fanden statt. Hinzu kamen
sechs Panel-Diskussionen und 5 Workshops. Am Montag und am Freitag gab es
ausserdem 15 Tutorials. Ca. 5.000 Personen besuchten die Konferenz und
Ausstellung.

 Thematisch lassen sich diese vielen Vortraege in etwa aufteilen in:
        a) politisch-strategische Aktivitaeten
        b) Supercomputer-Anwendungen in Forschung und Industrie
        c) Supercomputer in der Ausbildung
        d) Leistungsuntersuchung von Supercomputern
        e) Technische Aspekte (Hardware, Software, Netzwerke)

 zu a) Das eindeutig herausragende politische Thema war die "High Performance
Computing and Communication (HPCC)"-Initiative. Dr. Allen Bromley, Leiter
des "Office of Science and Technology Policy (OSTP)" des Praesidenten, hielt
den Eroeffnungsvortrag der diesjaehrigen Konferenz und gab
einen Ueber- und einen Ausblick bzgl. HPCC, eine Thematik ueber die im Rahmen
von Fitnus und anderen Veroeffentlichungen bereits vielfach berichtet wurde.

 Im Rahmen einer Panel-Diskussion "The Future of Optics in Computing" wurden
Hinweise darauf gegeben, dass das OSTP eine technologische Initiative im
Bereich Optischer Computer/Neuronale Netze starten wird, um insbesondere der
japanischen Herausforderung im Rahmen des sog. "6th Generation Computer"-
Projekts zu begegnen. Details wurden diesbezueglich aber noch nicht bekannt.

 zu b) Vortraege zu Anwendungen im Bereich Supercomputing fanden zumeist im
Rahmen von Symposien, Workshops oder Panels statt und konzentrierten sich
auf "Computational Biology, Medicine and Dentistry", "Geophysical
Applications", "Parallel Computation in the Petroleum Industry: Computational
Costs, Algorithms and Future Needs" und "Supercomputing in the Financial
World".

 zu c) Im Bereich "Supercomputer in der Ausbildung" spielte das geplante
"National Research and Education Network (NREN)" als Teil der HPCC-Initiative
eine zentrale Rolle. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Einbeziehung von
Supercomputern in die schulische ("High School Supercomputing Programs") und
universitaere ("Parallel Computing in the Undergraduate Computer Science
Curriculum") Ausbildung.

 zu d) Im Bereich der Leistungsuntersuchung von Supercomputern wurden neben
verschiedenen methodischen und technischen Aspekten (Latency Tolerance,
Mapping and Scheduling, Performance Tools, Charaterizations affecting
Performance) insbesondere Benchmark-Tests behandelt (Supercomputer Benchmarks,
International Coordination of Supercomputer Benchmark Activities).

 zu e) Eine Vielzahl technischer Aspekte wurde besprochen, darunter u.a.
Design von Prozessoren und Algorithmen allgemein, numerische und
kombinatorische Algorithmen, Speicherzugriff und -optimierung, Netzwerke, etc.

 Am Rande der Konferenz fand zum vierten Mal auch das sogenannte "Visualization
Theater" statt. Im Rahmen dieser sehr interessanten Veranstaltung wurden
insgesamt 22 herausragende Filme vorgefuehrt, die insbesondere aufzeigen
sollen, wie die Ergebnisse von Supercomputer-Anwendungen oder komplexe
Probleme graphisch dargestellt werden koennen. Darueber hinaus wurde aber
auch ein guter Ueberblick ueber heutzutage verwendete Techniken und Methoden
im Bereich Visualizierung und den Stand der Technik allgemein gegeben. Zwei
dieser Filme waren besonders beeindruckend - 1) "Not Knot", produziert vom
Geometry Center der University of Minnesota, ist eine faszinierende,
graphische Darstellung eines komplexen, mathematischen Teilgebiets (16 Min.)
und "Echos of the Sun", produziert von der 'Imax Systems Corporation' und
Fujitsu, zeigt die Produktion von Zucker in Pflanzen und dessen Verwendung
fuer Muskelbewegungen im Menschen.

Dieser Film wurde original erstellt im Imax Solido-Format und wird auf der
Weltausstellung 1992 in Barcelona vorgefuehrt. Viele der gezeigten Filme sind
uebrigens erhaeltlich (zumeist) ueber ACM Siggraph, aber "Echos in the Sun"
leider noch nicht. Die Beteiligung europaeischer Institute/Wissenschaftler am
technischen Programm war einmal mehr erschreckend gering. Zum einen ist eine
Dominanz amerikanischer Institutionen natuerlich zu erwarten und zum anderen
mag dies darauf zurueckzufuehren sein, dass im April 1992 eine Supercomputing-
Konferenz in Paris stattfindet. Dennoch war die asiatische, insbesondere
japanische Beteiligung, wesentlich groesser als die europaeische. Europaeische
Beteiligung konnte nur bzgl. des 'Rutherford Appleton Laboratory' (Jan Duff),
der ETH Zuerich (Pommerell und Fichtner) und des 'Swiss Federal Institute of
Technology' (Annaratone, Fillo et. al.) ausgemacht werden.

 Der Tagungsband ist 900 Seiten stark und kann ueber IEEE bezogen werden. Auf
Wunsch ist die GMD-Aussenstelle Washington bei der Beschaffung behilflich.

  Die naechste Supercomputing-Konferenz (USA) findet vom 16.- 20.11.92 in
Minneapolis, Minnesota statt.

Neue Supercomputer auf der "Supercomputing '91"
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Die begleitende Ausstellung zur "Supercomputing '91" war mit allem bestueckt,
was derzeit Rang und Namen im Bereich Supercomputer hat - jedenfalls was
amerikanische Aussteller betrifft. Sowohl japanische (einzige Ausnahmen "Sony
Corporation of America" und "The Institute for Supercomputing Research" in
Tokio) als auch europaeische Aussteller fehlten voellig. Der derzeit wohl
einzige deutsche Mitspieler, Parsytec, war auch nicht vertreten, wird aber
im Februar bei der Supercomputing-Konferenz in Paris vertreten sein.

 Viele der derzeit dominierenden, amerikanischen Firmen haben ihre Neu-
entwicklungen auf den Zeitpunkt der Konferenz und Ausstellung ausgerichtet und
verkuendeten denn auch nacheinander neueste Modelle und Entwicklungen.

 Thinking Machines stellte die neue "Connection Machine CM5" vor. Die CM5 ist
angeblich der erste Supercomputer, der bis in den TeraFlop-Bereich ausbaubar
ist. Allerdings wuerde eine solche Maschine derzeit geschaetzte
$ 200 Millionen kosten. Jeder CM-5-Knoten ist ein 22 Mips RISC-Mikroprozessor
mit 4 Vektor-Pipes und einer Leistung von bis zu 128 MFlops. Bis zu 16.000
Prozessor-Knoten koennen zusammengeschaltet werden.  Unter den ersten Kunden
ist auch die University of California at Berkeley.

 Intel kuendigte das neue Model "Paragon XP/S" an, das auf bis zu 4.000 Knoten
ausgebaut werden kann. Jeder Knoten basiert auf dem i860XP-Mikroprozessor. Die
Maschine mit 4000 Knoten kostet ca. $ 55 Millionen, eine 66 Knoten-Maschine
ca. $ 2 Millionen. Erreichbar sind zwischen 5 und 300 GFLOPS und 2.8 bis
160 KMIPS. Die "Paragon XP/S" kann mit bis zu 128 GBytes Hauptspeicher
bestueckt werden. An Software sind z.B. Unix, X-Windows, C, C++, Ada und
Fortran verfuegbar.

 Cray Research Inc. kuendigte die neue "Cray Y-MP C-90" an. Der Computer ist
mit 16 CPUs bestueckt, von denen jede bis zu 1 GFLOP erreicht. Bis zu 2 GBytes
Hauptspeicher sind moeglich. Dieses neue Model soll ca. $ 30.5 Millionen
kosten und wird mit dem UNICOS-Betriebssystem (UNIX System V-basiert)
betrieben. An Compilern stehen C, Ada, Pascal und CF77 Fortran zur Verfuegung.

Indien steigt in Supercomputermart ein
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Nach Informationen des "US Department of Commerce", die der GMD-Aussenstelle
Washington zugeleitet wurden, soll ein am "Indian Center For the Development
of Advanced Computing" (C-DAC) entwickelter Supercomputer mit einer Spitzen-
leistung von 1000 Mflops serienreif sein und in Kuerze international ver-
trieben werden. Das Regierungsdokument kommt zu dem Schluss, dass Indien mit
dieser Entwicklung - neben Japan - zu einem ernsthaften Marktkonkurrenten
fuer die amerikanische Supercomputerindustrie aufgestiegen ist.

 Das C-DAC war 1988 mit dem erklaerten Ziel gegruendet worden, innerhalb von
drei Jahren einen Supercomputer mit der erwaehnten Spitzenleistung zu
entwickeln und zur Serienreife zu bringen. Mit der jetzt unter der Be-
zeichnung "Param-Computer" eingeleiteten Vermarktung dieser Entwicklung ist
dieses Ziel erreicht worden. Die Technologie ist den vier indischen Unter-
nehmen Keltron (Kerala), "Indian Telephone Industries" (Bangalore), Phermax
(Puna) und "Tata Unisys" zur Verfuegung gestellt worden. Phermax bietet den
Rechner bereits zum Verkauf an. Die Basiseinheit mit einem Cluster von 64
Prozessoreinheiten soll rund $400.000 kosten. Die leistungsfaehigste PARAM-
Version verfuegt ueber vier Cluster mit insgesamt 256 Einheiten. Jede Einheit
ist mit einem 32 Bit Integer-Prozessor mit integriertem 64 Bit Floating-Point
Prozessor ausgeruestet, verfuegt ueber 4 - 16 Mbyte Speicherkapazitaet
(insgesamt 1Gbyte), 4 "high speed communication lines" und eine Schnittstelle
zum "control-bus". Die Prozessoreinheiten basieren auf T800 INMOS-Transputern
auf der Grundlage von Intel i860 Mikroprozessoren. Die gesamte Systemsoftware
besteht aus insgesamt 1,5 Mio. 'lines of code'.

 Die Inter-Prozessor Kommunikation wird durch einen neuartigen "message-
passing" Kern unterstuetzt. Die 80 Mbyte/Sek. Inter-Prozessor Verbindungen
sind als autonome "DMA-Engines" ausgelegt, die es erlauben, eine beliebige
Anzahl von Prozessoren in unterschiedliche Netze einzubinden. Die Maschine ist
vollstaendig software-rekonfigurierbar. "Multiple-user" Betriebsarten koennen
eingerichtet werden. Das "filing-system" nutzt pro Cluster 4 parallele Platten
mit einer Zugriffsbandbreite bis zu 25 Mbyte/Sek. Der gesamte verfuegbare
Speicherplatz betraegt 20 Gbyte. Moegliche Hosts fuer PARAM sind PCs, VAX und
Sun VME Maschinen mit UNIX/XENIX Umgebungen. Die Rechner arbeiten mit dem
"Advanced Parallel Programming Environment" (APEX), das Fortran, C oder OCCAM
unterstuetzt. Zusaetzlich werden C++, SC PROLOG, STRAND 88 und ADA unter-
stuetzt. Jede Maschine verfuegt ueber genuegend I/O-Schnittstellen fuer
Graphik-, Netzwerk- und andere Spezialanwendungen. Ein breites Softwareangebot
liegt ebenfalls bereits vor. Es unterstuetzt u.a. Graphikanwendungen, CAD,
"Ray Tracing", 3-D Plots, "Parallel Fast Fourier Transformation",
"Computational Flow Dynamics", "Finite Element Methods", Schaltkreis-
simulationen und "Speech Recognition".

Desweiteren
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Ohne Angabe von Gruenden hat die 'Cray Computer Corp.' den Abnahmetest eines
Prototypen des schon seit laengerem angekuendigten neuen Cray-3 Supercomputers
verschoben. Der Rechner sollte vom 'Lawrence Livermore National Laboratory',
dem bislang einzigen Kunden fuer dieses neue Cray-Modell, abgenommen werden.
Die Verschiebung des Abnahmetermins raeumt der Forschungseinrichtung nunmehr
das Recht ein, vom Kaufvertrag zurueckzutreten.

Ab dem 31.1.92 wird es ein neues News-Forum fuer Supercomputing geben. Der
Service ist kostenlos, heisst Supernet und ist erreichbar unter
SUPERNET@cerf.net auf dem Internet.

Aus: FITNUS, Nr. 48, 29.11.91,
     FITNUS, Nr. 51, 20.12.91, GMD-Aussenstelle Washington


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