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Feminines Computerhandling


Erstmalig vor zwei Jahren sammelten sich die Frauen auf dem CCC, um ihr
eigenes Projekt aufzuziehen. Thema: Frauen und Technik. Nachdem im
letzten Jahr schlechte Erfahrungen mit den maennlichen Zuhoerern dieses
Kollegs gemacht wurden, wurde dieses Mal den Maennern der Zutritt rigoros
verwehrt, um endlich einmal ungestoert diskutieren zu koennen.
Einzeln sollten sich alle Teilnehmerinnen vorstellen und kurz eine
Einfuehrung ueber ihre Erfahrungen im Umgang mit Computern geben. Eine
bunte Mischung war vertreten: Schuelerinnen, Studentinnen, Seminar- und
Projektleiterinnen, Anwenderinnen von Textprogrammen und im Bereich der
politischen Arbeit. Sie alle hatten zum Teil schon mehrjaehrige
Erfahrungen gesammelt und begruendeten ihr Interesse am Computern mit der
Faszination an Kommunikationstechniken und der neuen Rolle der Frau beim
Eindringen in die bisher maennliche Domaene der Technik.


Zwei Fragen wurden zu Anfang gestellt:

         Programmieren Frauen anders als Maenner?
         Was bringt Informationstechnologie fuer die Frau, bzw. die Welt?

Zunaechst wurde jedoch sehr viel allgemeiner die Frage aufgeworfen, warum es
eigentlich so wenige weibliche Anwender gibt. Die Antwort war vor allen
Dingen gesellschaftspolitisch zu sehen: Aufgrund der Erziehung seien
Frauen und Technologie zwei Welten, die aufeinanderprallen. Selbst wenn
Interesse vorhanden ist, gibt es fuer Frauen lediglich minderwertige und
weniger umfangreiche Angebote wie z.B. die Textverarbeitung. Dieses
Problem der Abdraengung schliesst den Kreislauf, bei den Frauen erlahmt
das Interesse.Eine Aenderung der Gesellschaftsstruktur, diesem von den
Maennern gepraegten Apparat, waere notwendig, um Abhilfe zu schaffen.
Immerhin ist das System schon durchlaessiger geworden, eine gewisse Dynamik
ist bemerkbar.

Wie kann man dem abhelfen? Da bei beiden Geschlechtern eigentlich das
gleiche Interesse vorhanden ist, muss frau mehr Durchsetzungsvermoegen
zeigen, sich nicht mehr so sehr in den Hintergrund draengen lassen, da
Maenner ein anderes Selbstverstaendnis besitzen. Bei der
Loesung von Problemen ist das Verhalten dann dementsprechend:
Eigenstaendiges Arbeiten und Ausprobieren ohne fremde (maennliche)
Hilfestellung ist erwuenscht, selbst wenn dieser Weg langwieriger sein
sollte. Die Auseinandersetzung mit der Technologie erfolgt demnach
nicht nur in der Anwendung, vielmehr ist eigenverantwortliche
Weiterentwicklung gefragt.

Auf diese Art und Weise kann vielen anderen Frauen der Weg zum Computer
und dessen Faszination geebnet werden. Genauer nach letzterem befragt,
wurden maennertypische Aspekte genannt: der Umgang mit mathematischen
Problemen, die Omnipotenz des Geraetes und das Gefuehl, es zu beherrschen,
es sich "untertan" gemacht zu haben. Kann der Computer dabei zur Sucht
werden?

Bei der Mailbox als Medium kann diese zwar als Ergaenzung des
Kommunikationsbereiches gesehen werden, andererseits kann die
Dialogsituation auch verschieden aufgefasst werden: Das fehlende
face-to-face ist kein Ersatz fuer persoenliche Kontakte und koennt
eventuell auch eine Verarmung darstellen. Auch die Beurteilung der immer
groesser werdenen Informationsflut in immer kuerzerer Zeit ist
problematisch, der einzelne koennte unter dem Zwang zum Perfektionismus
ueberfordert sein.

Wie sieht nun die Entwicklung in den naechsten Jahren aus? Zur Zeit gibt
es lediglich Aufstiegsmoeglichkeiten fuer absolut "perfekte" Frauen, da
wir uns in einer Uebergangsphase befinden, wo sich das Bewusstsein
innerhalb der Gesellschaft nur langsam aendert. Aufgrund der Tatsache,
dass jedoch vermehrt Diskussionen in der Oeffentlichkeit sprich den Medien
gefuehrt werden, wird diese Veraenderung sichtbar, wobei das Problem der
Alibifunktion von Frauen in Fuehrungspositionen ("Quotenfrau") einen
negativen Beigeschmack hat. In diesen Zusammenhang gehoert auch die
gerade aktuelle Diskussion ueber die Abschaffung der Koeduktion, um
Frauen und Maennern die gleiche Ausgangsbasis zu schaffen, die sicherlich
in Zukunft zur Gleichstellung beider Seiten auf dem Gebiet der
Technologie fuehrt.

Henrike


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