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EDUCOM '91 - EIN TAGUNGSBERICHT


 Die Educom '91 - Konferenz und Ausstellung fand vom 16. - 19. 10.
1991 in San Diego, Kalifornien statt. Educom ist eine jaehrlich in
den USA stattfindende Veranstaltung zur Ausbildung im Bereich der
Informationstechnologie und stand dieses Jahr unter dem Thema
"Curricula, Computing and Culture".

 Die Teilnehmerzahl war immens, ebenso die Anzahl der Vortraege,
Workshops, Seminare, etc. Prof. Leon Lederman, Nobelpreistraeger in
Physik und Professor an der University of Chicago, eroeffnete die
Veranstaltung mit einem Vortrag "Number one by the year 2000?"

 Lederman, bekannt fuer seine Bemuehungen um bessere Ausbildung
und durch den Bericht "Nation at Risk" sieht besondere Gefahr in der
mathematischen und naturwissenschaftlichen Ausbildung. Das
amerikanische Schulsystem sei so buerokratisch geworden, dass es
sehr lange dauern wuerde, etwas zu aendern, falls dies ueberhaupt
gelaenge. Es sei keine Forschung ueber Curricula oder den Einsatz von
Computern notwendig; in diesen Bereichen wisse man genug. Was
falsch waere sei die amerikanische Kultur. Es sei kein Vertrauen in
das eigene Schulsystem mehr vorhanden und die Ueberzeugung, dass
die Naturwissenschaften zu schwierig sind, wuerde immer groesser.
Man muesse daher versuchen, diese kulturelle Einstellung zu aendern,
das Interesse zu vergroessern. Dies sei beispielsweise gelungen nach
dem zweiten Weltkrieg, 1957 mit Sputnik und 1983 mit einem
Bericht ueber die Ausbildungskrise, jedoch leider nur jeweils fuer
kurze Zeit.

 Den zweiten eingeladenen Vortrag hielt Bill Joy, Mitbegruender von
SUN ueber das Thema "How Shall We Compute in the Last Decade?".
Joy, "Vice President for Research & Development" bei SUN, gab
insbesondere seine Meinung ueber Maerkte und Computer in den 90ern
wider. Er sieht insbesondere drei Maerkte:

1) Nomadische Systeme, d.h. tragbare Systeme basierend auf Pen-
   und Stimmeingabe (und nicht Tastatur und Maus), sowie drahtloser
   Kommunikation. Bei ca. 250 Millionen moeglicher Anwender in USA,
   Europa und Asien sieht er hier ein Marktvolumen von ca. $ 100
   Milliarden/Jahr.

2) "Vehicle Systems", d.h. Systeme, die z.B. in Fahrzeugen eingebaut
   sind. Bei 50 Millionen Fahrzeugen/Jahr sieht er Volumen von $75
   Milliarden/Jahr. Seiner Meinung nach wird diese Technologie
   zukuenftig ueber Gewinner und Verlierer in der Fahrzeugindustrie
   entscheiden.

3) "Designed Systems / Spaces", d.h. nicht mobile, in Raeumen oder
   Gebaeuden fest installierte Systeme mit einem Volumen von ca. $ 40
   Milliarden/Jahr. Hier werde es um geeignete Schnittstellen zwischen
   Menschen, Computern, Papier, Raeumen, Geraeten, etc. gehen, d.h. das
   Integrationsproblem werde eine grosse Rolle spielen.
   Es werde in den 90ern - im Gegensatz zu den 80ern - nicht mehr um
   quantitative Bemuehungen gehen. Letztere seien aber haeufig
   subjektiv und nicht so gut messbar.
   Als gemeinsame Technologiebasen fuer die 90er sieht er C++,
   Objekte, Software fuer Stimmeingabe und Handschrifterkennung, etc.
   Eine wichtige Rolle bei der diesjaehrigen Educom spielten
   Netzwerke allgemein und speziell das NREN, das National Research
   and Education Network (Teil der "High Performance Computing and
   Communication Initiative").
   So berichteten u.a. Stephen Wolff von der National Science
   Foundation ueber "From NSFNET to the NREN Computer Networking
   Today and Tomorrow" und Sid Karin, Leiter des San Diego
   Supercomputer-Zentrums ueber "Trends and Issues in High-
   Performance Computing".

 Weitere interessante Themen waren "Enhancing Education with
NSFNET", "Using Supercomputing to Enhance Undergraduate
Education", "Impact of Telecommunications on Education",
"Supercomputer Education: Look what's happening in Highschools",
"What the World will be like when Supercomputing is unbridled".
 Die parallele Ausstellung, auf der alle namhaften amerikanischen
Hardware-und Softwarehersteller praesent waren, rundete die
gelungene Veranstaltung ab.

 EDUCOM '91 wurde mit grossem Aufwand insbesondere von Apple und
IBM gesponsored. So waren z.B. Hunderte von Macintosh ueber die
riesige Ausstellungsflaeche verteilt. Diese konnten genutzt werden,
um Informationen ueber Konferenzteilnehmer (einschliesslich
Photos) abzurufen oder um E-mail auszutauschen. bzw. sogar direkt
auf das Internet zuzugreifen.
 Es scheint nicht geplant zu sein, Proceedings der Veranstaltung zu
veroeffentlichen. Man kann allerdings Tonbandkassetten der
jeweiligen Vortraege und Workshops erwerben ($ 389 fuer den
gesamten Satz). Auf Wunsch ist die GMD-Aussenstelle Washington,
D.C. bei der Beschaffung behilflich.

Aus: FITNUS 43-1

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