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Rechenmodelle zur Klimaentwicklung und Auswirkung des Golfkrieges


   Durch Terra und die Chalisti bin ich eines Tages  auf  eine  Veran-
staltung  der  TeLi  (Technisch-Literarische  Gesellschaft e.V.) gera-
ten. Seitdem erhalte von dort regelmaessig Einladungen. Eine davon be-
traf einen Vortrag ueber den Stand der Rechenmodelle zur Klimaentwick-
lung. Es referierte Dr. Mogib Latif vom Max-Planck-Institut.

   Ein wesentlicher Grund fuer die Entwicklung von Rechenmodellen  zur
Klimaentwicklung  ist  der  Treibhauseffekt.  Dieser  Effekt wurde von
einigen Wissenschaftlern vorhergesagt, als sie  einen  Anstieg einiger
Spurengase  in der Atmosphaere beobachteten. Dabei handelte es sich um
das CO2, Methan und CFC12. Aufgrund der Komplexitaet des Gesamstystems
laesst  sich  aber  kein  vollstaendiger Beweis ueber die Auswirkungen
fuehren, obwohl die beobachteten Veraenderungen (Anstieg der  globalen
Temperatur  um  0.5 Grad, Wasserspiegel +15cm, Abkuehlung der Stratos-
phaere) konsistent sind. Da es keine Moeglichkeit gibt,  die  Erde  in
ein  Reagenzglas zu packen und mit ihr zu experimentieren, muss mensch
Modelle bilden und mit diesen arbeiten. Dabei bedingt die Vielzahl der
Faktoren (Atmosphaere, Ozeane, Erdmasse, Vulkane, ...) eine  Vereinfa-
chung.  Die Unsicherheit bezueglich des weiteren Anstiegs der Treibha-
usgase wird durch die Anfertigung von Szenarien umgangen.

   Das (realistischere) Modell A geht von  keiner  Einschraenkung  der
Produktion  der  Gase  aus.  Im Modell B wird von einer vollstaendigen
Ausnutzung der zur Verfuegung stehenden  Moeglichkeiten  zur  Reduzie-
rung ausgegangen. Im Fall des Modells A steigt die Temperatur bis zum
Jahr 2030 im globalen Mittel um 3 Grad, im Fall B um  1 Grad. Dies ist
zwar erheblich weniger  als noch vor einigen Jahren vorhergesagt, aber
es ist weniger die Hoehe des Anstiegs  als dessen Tempo. Viele  Pflan-
zen  und  Tiere haben keine Chance, sich den Entwicklungen anzupassen,
hinzu kommen starke regionale Unterschiede. Im Fall A kommt es zu ein-
er starken Erhitzung der Kontinente (+5 Grad) und  einer  Austrocknung
von Nordamerika. Weiterhin wird sich die noerdliche Hemisphaere staer-
ker  erwaermen als die suedliche. Die Abweichungen zu frueheren Model-
len  ergeben  sich  aus  der  jetzt  moeglichen  Beruecksichtigung von
Meeresstroemungen.

   Waehrend des Golfkrieges waren die Auswirkungen der brennenden Oel-
quellen ein staendiges Thema. In einer Modellrechnung  sind  die  Wis-
senschaftler  des  Max-Planck-Institutes  von  einer  Verbrennung  der
doppelten Vorkriegsproduktion fuer ein  Jahr  ausgegangen.  In  diesem
Modell  wird  ein Russanteil von 10% und ein Aufstieg in Hoehen bis zu
2km angenommen. Daraus ergaben sich global  keine  Auswirkungen.  Ent-
scheidend  ist  die  Hoehe,  in die der Russ aufsteigt. In einer Hoehe
von 6 bis 10 km haetten diese Russmengen einen betraechtlichen Effekt.
Aber auch so sind die regionalen Effekte betraechtlich. Fuer die Dauer
der Braende wird sich in der betroffenen Region eine Abkuehlung von  4
Grad  einstellen.  Hinzu  kommt eine schleichende Vergiftung durch die
dem  Russ  anhaftenden Gifte. Diese gehen  (in nennenswerter Menge) in
etwa 500 km Umkreis nieder.

   Einen  wesentlich  staerkeren  Effekt  haben  die Vulkane,  da ihre
Gase eine Hoehe von mehr als 10 km erreichen. Zwar sinken die groesse-
ren  Teilchen  schnell  wieder ab, aber das SO2 wird in Schwefelsaeure
umgewandelt und kann sich  mehrere  Jahre  halten.  Genaue  Rechnungen
zur Auswirkung des Pinatubo-Ausbruches sind noch nicht vorhanden.

   In den zur Zeit vom Max-Planck-Institut verwendeten Modell wird die
Erde mit Gitterpunkten (Abstand 500 km)  ueberzogen.  Die  Atmosphaere
bwird  in 10 bis 20 Schichten eingeteilt. An jedem der sich ergebenden
Punkte werden Daten wie  Temperatur,  Feuchtigkeit,  Windrichtung  und
Geschwindigkeit berechnet. Daraus ergeben sich etwa 10 Millionen Glei-
chungen.  Verwendet wird zur Berechnung eine Cray II. In diesem Modell
wird auch eine Waermeaustausch mit den Ozeanen  und  die  sich  daraus
ergebenden  Stroemungsaenderungen beruecksichtigt. Die Meeresstroemun-
gen haben sich als wichtiger Faktor erwiesen. Sie haben einen erhebli-
chen Anteil an der Stabilitaet des europaeischen Klimas.

   Eine weitere Verbesserung der Modellierung soll durch eine  Verfei-
nerung  des  Rasters, Arbeiten mit Druckgebilden und Beruecksichtigung
rueckkoppelnder Effekte erreicht werden. Die Grenze wird im  wesentli-
chen  von  der  Rechnerkapazitaet  gesteckt.  In  wie  weit noch nicht
beruecksichtigte Faktoren die Entwicklung beeinflussen  und  die  Vor-
hersagen richtig sind, musste offen bleiben. Hinweise auf divergieren-
de  Ergebnisse  anderer  Institutionen wurden mit "Der beruecksichtigt
ja .... nicht." beantwortet, aber ich vermute, der  Schuh  wuerde auch
andersum passen. So wird in  diesem  Modell  die  Wolkenbildung  nicht
beruecksichtigt.

   Auf Anfrage meinte Dr. Latif, dass die Schaeden noch nicht irrever-
sibel sind. Er aeusserte sich optimistisch,  was  die  Entwicklung al-
ternativer,  dezentraler  Energien  anbelangte, da "gar nichts anderes
uebrig bleibt". Auch die Schaeden an der Ozonschicht koennen sich  zu-
rueckbilden,  obwohl  mit  einer  Verzoegrung  von 20 Jahren gerechnet
wird. Gefahren  drohen  seiner  Meinung  nach  durch  die  Entwicklung
hochfliegender Flugzeuge im Ueberschallbereich.

Autor: Martin Seeger, raider@tpki.toppoint.de

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