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Informatik - fuer Maedchen ein Buch mit sieben Siegeln?


Ein Pilotvorhaben des Bundeswettbewerbs Informatik

Interessieren sich zu wenig Maedchen in der Schule fuer das Fach Informatik?
Haben Maedchen groessere Schwierigkeiten als Jungen, an einem Computer zu
arbeiten? Die Erfahrungen beim Bundeswettbewerb Informatik lassen dies fast
vermuten, und gerade deswegen bemuehen sich die Verantwortlichen dieses
Wettbewerbs intensiv darum, Maedchen einen besseren Zugang zur Welt der Com-
puter zu eroeffnen. Der Geschaeftsfuehrer des Bundeswettbewerbs Informatik,
Dr.Peter Heyderhoff, uebergab dem Clara-Schumann-Gymnasium in Bonn am
7. Dezember 1990 in Anwesenheit der Ministerialraetin Renate Musso
vom Bundesministerium fuer Bildung und Wissenschaft zwanzig Personal Computer.
Der Bundesbildungsminister hatte diese Computer im Rahmen eines Pilotvorhabens
finanziert.

Maedchen der 11. Klasse sollen unter Anleitung mit diesen
besonders benutzerfreundlichen Geraeten arbeiten, damit sie ihre
moeglicherweise vorhandene Scheu vor der modernen Technik verlieren. Ziel
dieses Pilotvorhabens ist es, die Maedchen durch den ungestoerten
praktischen Umgang mit den Computern in die Informatik einzufuehren, sie
zur Teilnahme am Bundeswettbewerb Informatik zu ermutigen und nach
Moeglichkeit die Voraussetzungen zu schaffen, dass aus den Reihen dieser
Maedchen kuenftige Bundessiegerinnen des Informatikwettbewerbs hervorgehen.

Der Bundeswettbewerb Informatik soll Jugendliche in Schule und Berufsaus-
bildung anregen, sich mit Inhalten und Methoden der Informatik, mit
Moeglichkeiten der Anwendung und mit Fragen des Einsatzes von Informatik-
Systemen zu befassen. Dieser jaehrlich stattfindende Wettstreit, der im
naechsten Jahr bereits zum neunten Mal durchgefuehrt wird, steht unter der
Schirmherrschaft von Bundespraesident Richard von Weizsaecker. Der
Bundesminister fuer Bildung und Wissenschaft und die Kultusministerkonferenz
der Laender foerdern diesen Jugendwettbewerb. Traegerinstitutionen sind die
Gesellschaft fuer Informatik e.V. (GI) und die Gesellschaft fuer Mathematik
und Datenverarbeitung mbH (GMD). Die Bundessieger, die in drei Runden
ermittelt werden, werden in die Studienstiftung des Deutschen Volkes
aufgenommen. Ausserdem stehen Geld- und Sachpreise bereit. Im Jahre 1987
war es erstmals einer Teilnehmerin gelungen, in die damals sechskoepfige
Gruppe der Bundessieger vorzustossen.

Nach den Erfahrungen der Veranstalter des Bundeswettbewerbs Informatik
erreichte der Maedchenanteil bei den bisherigen Wettbewerben nur rund
zwei Prozent. Verschiedene Gruende werden dafuer verantwortlich gemacht:

Die Informatiklehrkraefte sind meist maennlich und beschaeftigen sich im
Unterricht laenger und intensiver mit den Jungen. Die Jungen spielen sich
gegenueber den Maedchen als Experten auf, auch wenn sie nur ein vages
Halbwissen besitzen. Die Maedchen geben zu schnell nach und spielen in
Informatikkursen dann nur noch eine passive Rolle und verlassen die Kurse.
Sehr viele Maedchen uebernehmen die Ansicht, sie seien fuer technische
Dinge ungeeignet. Die wenigen Informatik-interessierten Maedchen werden von
anderen Maedchen gemieden. Maedchen haben breiter gefaecherte Interessen und
konzentrieren sich weniger auf ein einziges Fach. Jungen koennen sich auch
dann mit einseitig erscheinenden Taetigkeiten intensiv befassen, wenn diese
zunaechst keinen Sinn und Zweck erkennen lassen. Wegen der verbreiteten
Ansicht, Technik sei Maennersache, foerdern Eltern ihre Soehne in dieser
Hinsicht wesentlich staerker als ihre Toechter. Hardware und Software sind
unattraktiv.

Besonders die Spielsoftware ist oft aggressiv. Anregung zum Denken und
Unterstuetzung des Benutzers sind selten. Maedchen stellen sich nur ungern
einem Wettbewerb.

Um diesen Faktoren zu begegnen, ist zur Steigerung des Maedchenanteils im
Bundeswettbewerb Informatik der Aufgabenausschuss mittlerweile zu mehr als
50 Prozent mit Frauen besetzt worden, bei der Aufgabenstellung werden
besonders solche Aufgaben formuliert, mit denen man Maedchen anzusprechen
hofft.

Das auf eine Dauer von zwei Jahren angelegte und vom Bundesbildungsminister
gefoerderte Pilotvorhaben am Bonner Clara-Schumann-Gymnasium soll nun
erstmals zeigen, ob und auf welche Weise Maedchen besser in die Informatik
eingefuehrt werden koennen. In der Oberstufe, Jahrgangsstufe 11, werden
23 Maedchen, die den normalen Kursunterricht in Informatik erhalten,
zusaetzlich von Tutoren der GMD betreut. Darueber hinaus werden die
Schuelerinnen Gelegenheit haben, bei Besuchen und waehrend e
ines Praktikums in der GMD den Arbeitsalltag in dieser Grossforschungs-
einrichtung kennenzulernen. Eine Einfuehrung in informatikbezogene
Berufsfelder wird angeboten. Schliesslich sollen die Maedchen bis zum
12. Schuljahr in die Lage versetzt werden, selbstaendig zu arbeiten und am
Bundeswettbewerb Informatik teilzunehmen. Parallel dazu werden die Betreuer
des Bundeswettbewerbs Informatik untersuchen, welche Massnahmen dieses
Pilotvorhabens in besonderer Weise erfolgversprechend sein koennten.

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