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Psyche und Computer oder sind Hacker auch nur Menschen ?


Moderation: Tommy ("Diplompsychopath")

Hier jedoch einige Eindruecke und Meinungen aus der Diskussion (nicht
meine eigenen):
Offenkundig sind "Computerfreaks" nicht so "integriert"  wie
beispielsweise jemand, der auf 'ner Fete erzaehlt, er spielt Gitarre.
(Das gaehnen der Gespraechspartner kennt wohl jeder.) Hierbei handelt es
sich jedoch auch im ein Kommunikationsproblem, wie dies aber auch bei
anderen Hobbies der Fall sein kann. Computerfreaks neigen nun einmal
dazu, sich ueber technische Details und in einer Sprache zu unterhalten,
die kein Aussenstehender versteht. (Ein gewisses "Elitebewusstsein" laesst
sich bei einigen wohl nicht verleugnen.) Sie beschaeftigen sich oft auch
mehr mit der Technik, als mit den Problemen, die damit geloest werden
sollen. ("Die Loesung haben wir, fehlt uns nur noch das Problem.")

Ein weiterer Grund fuer die Ausgrenzung ist wohl, dass Computer i.A. als
bedrohlich empfunden werden, was bei anderen Themen kaum der Fall ist,
weil kaum jemand Computer versteht, aber trotzdem gezwungen ist, sie zu
benutzen. Damit ist der Computerfreak schon von vorneherein suspekt.
Damit ist der Computerfreak auch ein interessanter Gegenstand der
Spekulationen, vieler Artikel und weniger Untersuchungen ueber seine
angeblich meist recht kranke Psyche. Zudem werden in den Medien viele
Fehlinformationenen ueber die Faehigkeiten der Computer und die
Moeglichkeiten der sogn. kuenstlichen "Intelligenz" (der Ausdruck ist eine
wohl eher schlechte Uebersetzung des Ausdrucks "artificial intelligence",
wobei "intelligence" im Englischen 'weniger' bedeutet als im Deutschen,
siehe "Central Intelligence Agency"...) verbreitet. Hinzu kommt eine
diffuse Technikangst, die wohl durch die dunkle Ahnung entsteht, das da
irgendetwas ist, was unheimlich wichtig ist, aber vom Normalbuerger nicht
verstanden wird. Letzteres wird auch durch die kurzen Innovationzyklen
von nur noch cy. 7 Jahren verursacht, die aufzuholen die meisten nicht
in der Lage sind, weil sie keine Unterstuetzung bekommen. (Dies ist zwar
in anderen Bereichen auch so, wird aber nur bei Computern so
offensichtlich: "Die Atomkraftwerke werden die schon irgendwie in den
Griff kriegen." Wenn aber der Geldautomat an der Ecke die Karte ablehnt
und kein Geld rausrueckt, merkt jeder, dass die Technik nicht
funktioniert.)

Inzwischen versucht beispielsweise Apple, die Angst vor der Technik
durch einfach zu bedienende Benutzungsoberflaechen und entsprechende
Werbung ohne die sonst ueblichen technischen Details zu vermindern. Die
Gefahr dabei ist jedoch, das der Computer nur noch als einfaches
Werkzeug betrachtet wird, die Leute nur noch "auf Oberflaechen
rumkrabbeln" und (immer noch) nicht durchschauen, wie das Geraet
funktioniert. Eine kritische Betrachtung findet nicht statt, die
Abhaengigkeit von der Technik wird kaum bemerkt. Aber wegen eben dieser
Abhaengigkeit von Technik (Telefon, Computer, ISDN...) ist ein Abschaffen
des Ganzen nicht mehr Moeglich, die Gefahren muessen anders bewaeltigt(?)
werden.

Da ISDN noch nicht eingefuehrt ist, waere die Einfuehrung durch eine gross
angelegte Kampagne evtl. noch zu Verhindern, obwohl Ueberwachungsprobleme
noch weniger offensichtlich sind als z.B. die Gefahren durch AKWs.
Allerdings sind die Leute in den FueNL (ehem. DDR) gegen Ueberwachung
erheblich sensibler als die Bewohner der "alten BRD". So sind z.B.
bereits 35000 FueNL-Adressen in der ROBINSON-Datei. Die "alten BRDler"
haben dagegen mehr Erfahrungen in Pressearbeit (obwohl deren Wirksamkeit
zumindest in der alten BRD bezweifelt werden muss, siehe Volkszaehlung).

Zurueck zum eigentlichen Thema:
Welche Motivation hat ein Computerfreak, sich so intensiv mit einer
Maschine zu beschaeftigen, dass er alles um sich herum vergisst? Die
meisten Freaks beschaeftigen sich sowieso nicht staendig mit der "Kiste",
eine richtige Abhaengigkeit ist zumindest selten. Der Computer ist nur
eine von vielen Formen der (meist unbewussten) Realitaetsflucht.
Cyberspace als stark interaktive Simulation (im Gegensatz zu wenig
flexiblen Videos oder auch Ballerspielen) ist hier zwar problematischer,
zumal es in mittlerer Zukunft auch fuer den Heimbereich zugaenglich sein
duerfte (Ansaetze zeigen sich jetzt schon), ist aber wohl zumindest nicht
gefaehrlicher als (andere) Drogen auch. Wie bei jeder Droge wird auch
hier die Sucht im wesentlichen durch die Gesellschaft (das
gesellschaftliche Umfeld) verursacht, so dass die Probleme zuerst dort zu
loesen sind.

Computer sind nur Technik, d.h. einfache Werkzeuge, ueber deren Einsatz
(zunaechst) der *Mensch* entscheidet. Die Bedrohung liegt also im Menschen,
der die Technik einsetzt, nicht in der Technik selbst. Allerdings hat der
Computer auch eine "psychologische Dimension", er wird auch zum Selbstzweck.
Der Computer ist allerdings zumindest ein sehr maechtiges Werkzeug (siehe
Computernetze); auf Dauer duerften die Massenmedien durch den Computer
erstzt werden (ISDN, Netze,...).

Und mal wieder zum Thema:
Durch die Logik des Computers wird der Mensch dazu verleitet, aehnlich zu
denken, die Natur nur als Technik zu betrachten (nach dem Muster "Schaedlinge
in der Plantage -> DDT -> Problem geloest".) Computerfreaks pflegen ein
ausgepraegtes Schwarz-Weiss-Denken, meiden Situationen mit ungewissen
ausgaengen. Unsichere Entscheidungen werden aber von jedem moeglichst
gemieden. In der Tat ist offenbar ein verstaerkter Trend festzustellen,
unsichere Entscheidungen hinauszuschieben, der aber wohl nicht durch die
Computer verursacht wird.
Das Thema wird "ueberhoeht"; der Mensch hat sich bisher an jede Technik
gewoehnt, Video und Telefon werden schon (fast) als selbstverstaendlich
angesehen.

Die Anonymitaet des Mediums Mailbox setzt die Hemmschwelle niedriger.
Dies stellt eine Chance fuer eine "Telefonseelsorge" (gib's schon) dar,
die auch Leute erreicht, fuer die selbst die Hemmschwelle eines normalen
Telefongespraechs zu hoch ist. Andererseits aeussert sich dies in den
bekannten Flames und gegenseitigen Dauerbeschimpfungen, mit denen sich
einige Leute zumuellen.

Soweit die Zusammenfassung dieser wie immer etwas konfusen Diskussion,
die natuerlich nicht alle Aeusserungen und Meinungen widergeben konnte.

Ingo, 90/12/28, 21:20.

Wer mehr dazu lesen moechte, lese Tommy's Diplomarbeit (300 KB ASCII-Text).
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