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Vernetzung in der DDR


Es ist ruhig geworden nach der anfaenglichen Euphorie um die DDR. Auch
die verschiedenen Organisationen, die helfen wollten die DDR zu ver-
netzen, treten leiser. Mensch hatte sich viel vorgenommen und vermutlich
sich an manchen Stellen auch uebernommen. 

Welche Initiativen gibt es ?

1. DFN 
   Das Deutsche Forschungsnetz hat vor der CeBit drei Standleitungen von
   West-Berlin nach Ost-Berlin beantragt. Diese sind inzwischen geschaltet
   worden und es finden die ersten Tests mit X.400 Datenuebertragung statt. 
   Weiterhin hat das DFN die verschiedenen Forschungsinstitute in der DDR
   angeschrieben und Vorschlaege fuer eine weitere Vernetzung in der DDR
   gemacht. Das DFN scheint zu planen von Ost-Berlin fuenf Leitungen zu
   anderen Staedten zu schalten. Andere Staedte sollen sich dann an diese
   5 "Unterverteiler" anschliessen. Diese Planung scheint aber auch nicht
   ueberall auf Gegenliebe zu stossen. Die TH Leipzig und die TU Chemnitz
   haben sich deswegen schon zu Wort gemeldet. 

2. GUUG/EuNet
   Anfang Mai wurde in Leipzig die GUUG-East gegruendet, dessen Vorsitzender
   Dr. Koch, seines Zeichens RZ-Leiter der TH Leipzig, geworden ist. Die
   GUUG-West hat Hilfe fuer die Verwaltung und Vernetzung zugesichert. Dem-
   naechst soll eine Cadmus und ein Trailblazer nach Leipzig gehen, aber
   noch ist der Termin unklar.
   Das EuNet scheint zu planen nicht-kommerzielle Einrichtungen in der DDR
   fuer eine Uebergangszeit kostenlos den Anschluss ans EuNet und UseNet 
   zu ermoeglichen. Die Domain .dd gibt es ha formal schon laenger, aber
   koennte dann auch zu ihren "Ehren" kommen. Die Frage ist nur, wer schneller
   ist: Die Einheit oder die Vernetzung ?  

3. GMD/GI/EuNet
   Die GMD versucht Kontakte zwischen westdeutschen und ostdeutschen 
   Forschungseinrichtungen zu ermoeglichen, aber auch Hard- und Software
   zu beschaffen oder zu vermitteln. Wie der Stand bei denen genau ist, ist
   mit ein wenig unklar.

4. UniWare/EAG/GKI
   Die Firma GKI GmbH (Gesellschafts fuer Kommunikation- und Informations-
   technologie) ist inzwischen in Ost-Berlin gegruendet worden. Von der 
   anfaenglichen Planung ein UUCP-Netz in der DDR auf kommerzieller Basis
   aufzubauen, scheint langsam aber sicher vom Tisch zu sein. Die EAG will
   sich mit der Problematik am 22.Mai auf einer Tagung ihrer Mitglieder
   beschaeftigen, wobei dort auch schon Mitglieder der GUUG-East da sein
   werden. 

5. Zerberus
   Es gibt inzwischen mehrere Zerberus-Rechner in Ost-Berlin, wie z.B.
   die LIGA.ZER von der Gruenen Liga. Diese Systeme werden hauptasechlich
   im Umweltbereich intensiv genutzt.

6. Chaos Computer Club (DDRnet)
   Wieder erwarten gibt es dieses Projekt immer noch, auch wenn wir inzwischen
   eingesehen haben, dass die Sache eine Nummer zu gross fuer uns war. Trotz-
   dem koennen wir voller Stolz feststellen, dass wir relativ weit gekommen 
   sind. Dr. Neuhaus hat 20 Modems gespendet, wobei diese in Ost-Berlin
   noch gelagert werden. Eins davon befindet sich im Rahmen von DDRnet an
   der TH Leipzig und wartet darauf seine erste Verbindung mit der Uni 
   Oldenburg aufzubauen. Leider gibt es einfache technische Hindernisse, wie
   z.B.: Wie bekommt mensch einen der drei vorhandenen Rechner, das Modem
   und eins der drei Telefone mit Auslandswahlmoeglichkeit an einen Punkt, 
   wobei dieser Punkt in der Naehe von Temrinalraeumen sein sollte. Aber
   die Hoffnung bleibt, dass ueber diese Verbindungen die ersten Erfahrungen
   mit den Neuhausmodems und UUCP gemacht werden kann. 
   Auch stehen immer noch 17 Rechner (286,386,PS/2) auf Abruf bereit, FALLS
   wir von ddem Bundesfinanzministerium eine Ausnahmegenehmigung zur er-
   weiterten Absetzungsmoeglichkeit bekommen. Genau DA ist der Haken. Beim
   BFM fuehlt sich keiner zustaendig und wenn jemand halbwegs was sagen will,
   dann wird auf die bestehende Rechtslage verwiesen. 
   Das ganze ist so aergerlich, weil eigentlich alle Punkte abgeklaert sind
   und wir auch Leute haben die bereit waeren mit in die DDR zu gehen und 
   beim Aufbau zu helfen. Innerhalb von 2 Wochen koennte das DDRnet weit-
   gehend installiert sein, WENN das BFM wollte. 

Vor 2 Wochen wurde nun eine elektronische Konferenz zwischen dem DFN, der GMD,
dem EuNet, der GUUG, dem CCC, der GKI, der TU Berlin, der TU Chemnitz und der
TH Leipzig initiiert. Wobei eben die TH Leipzig nix empfaengt. Zwischen der
TU Chemnitz (Karl-Marx-Stadt) und der TU Berlin wurde mit Hilfe eines
1200Bps-Modems und SLIP eine Verbindung geschaffen. Seitdem ist die Adresse
gf@tu-k-ddr.cs.tu-berlin.de also kein Aprilscherz (eindeutig Par. 23). Auf 
Berliner Seite wurde die Verbindung von Thomas Habernoll erst moeglich. Umso 
schockierter waren wir hier, als uns heute die Mitteilung erreichte, dass er
beim Sport vorige Woche einen Herzinfakrt erlitt und an den Folgen gestorben
ist. Thomas war einer der aktivsten Netzwerker die ich persoenlich kannte
und arbeite auch ausserhalb seines Jobs an besserer Vernetzung, wie die 
9NOV89-Liste, die TU-K Verbindung und auch die geplante E-Konferenz zur
DDR-Vernetzung an der TU Berlin zeigte. 

Quelle: E-Konferenz ddr-l und diverse Mails der beteiligten Institutionen
	Artikel aus EARNTECH

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