Websalon

Cracker, Jaeger und Sucher

      Software und Information - Copyright oder oeffentliches Gut

"Copyright ist aberglaeubische Kulturfeindlichkeit". Mit diesem Statement 
begann die Diskussion zum Thema Copyright mit Prof. Frank (Uni Paderborn), 
Guenter Freiherr von Gravenreuth (Anwalt, bekannt aus Funk und Cracker-
intros), sowie Rainer Zufall (ein Cracker). 

Mit obigem Satz provozierte Prof. Frank. Schon nach den ersten Erklaerungen
waren die wenigen Leuten im Theater wach. Um diesen Satz naeher zu erklaeren
holte er aus. Software ist keine Ware. Der Name Software - also weiche Ware 
- ist an sich schon falsch. Deswegen benutzte er von da an auch nur noch den 
Begriff "Soft". Seiner Meinung nach ist Soft Information, die frei verbreitet 
werden sollte. Soft ist ein geistiges Produkt, wie ein Bild, ein Musikstueck, 
etc auch. Dieses ist damit auch ein Bestandteil der Kultur. Wenn man nun 
einen "Kopierer" kriminalisiert, weil dieses eine Arbeitsbeschaffungs-
massnahme fuer Anwaelte ist (Blick zu Gravenreuth), es aber keine Begruendung 
fuer die Kriminalisierung der Kopierer gibt. Aehnlich wie im Mittelalter, wo 
Hexen verbrannt wurden, weil es einen Aberglauben aber keine Begruendung fuer 
die Verbrennung gab. Aehnlich wie die Verfolgung von Hexen, findet auf die 
"Informationsverbreiter" eine Raubkopiererjagd statt. Soft als Kultur heisst 
aber auch, dass jedes Kopieren von Daten eine Sicherung von Kulturgut ist. 
Man stelle sich vor, was waere, wenn um Mittelalter die Moenche die Bibel 
nicht abgeschrieben haetten. Es ist eine reine moralische oder ethische
Vorstellung, dass es "kriminell" sein muss, Programme, Informationen - egal, 
ob auf Diskette, Papier oder anderen Formen - zu kopieren. Es waere 
irgendwie falsch zu meinen, das ein Programm nur in einen Kopf entsteht. Es
ist die Summe von Wissen von anderen Menschen, Nutzung fremder Software und
aeusseren Anregungen. Deswegen sieht Prof. Frank ein Programm als allg. Gut
an und verwenden dort den Begriff des "Informationskommunismus". Dieser
Begriff hat er auf einer Tagung in San Marino zuerst verwendet, was aller-
dings einige Stimmen aus dem Reformlaendern des Ostblockes gestoert hat. 
Daher verwendet er nun den Begriff des Informationskulturismus. Die Software
als Ware, als Sache mit Substanz ist ein Gespenst. Man kann sich die Dienst-
leistung bezahlen lassen, nicht aber das Programm an sich. 

Gravenreuth sieht sich deswegen dann als "Ghostbuster". Erstmal stellt er
klar, dass Software-Diebstahl kein Diebstahl ist, da dafuer praktisch der
Diskettendiebstahl noetig ist. Viel mehr sagt er schon nicht mehr, sondern
fragt ganz einfach: "Wovon soll der Programmierer leben ?". Der Anwalt ist
ja im Zweifelsfall derjenige, der dem Programmierer zu seinem "Recht" 
verhilft. 

Rainer Zufall meinte erstmal, dass Cracker von vielen Softwarefirmen ausge-
nutzt werden. Sie bekommen nur kleine Betraege, der Hauptgewinn geht an die
Verlage. Im Endeffekt ist es in der Regel fuer die Programmier besser, Ihre
Software als Shareware zu vertreiben. Beim Crackertreffen, welches auch 
waehrend des Congresses stattfand, war dort so ein Fall. Ein Programmierer
hat fuer die Firma Omnikron einen Assembler geschrieben. Allerdings gab es
diverse Probleme mit der Zahlung, deswegen hat der Programmierer den Vertrag
gekuendigt. Jetzt vertreibt er den Assembler (nun heisst er Turbo-Ass) als
Shareware. Wer eine Doku und eine Registration fuer Update haben moechte, 
sollte 50 DM ueberweisen. Der Turbo-Ass kann weitergegeben werden. 
Inzwischen hat er schon fast mehr Geld bekommen, als ueber den Vertrieb. 
Natuerlich kann ein Programmierer nur gute bzw. sehr gute Software ueber
Shareware vertreiben. Fuer schlechte Sofware wuerde kein Geld bezahlt
werden. Das ist sicher auch ein Vorteil, den schlechte Software gibt es ja
genug. 

Natuerlich darf man nicht vergessen, dass Software nur eine Form von Daten
sind. In allgemeinerer Natur sind das ja auch nur Informationen, wie z.B.
Sportnachrichten. Gerade wg. diesen hat ja das Bundesverfassungsgericht
(das ist nicht zum Essen) eine Entscheidung gefaellt, dass jeder Buerger
das Recht auf eine informelle Grundversorgung besitzt. Damit muessen die
privaten Fernsehanstalten zulassen, dass die oeffentlich-schrecklichen 
Sender eine gewissen Minutenzahl an Filmauschnitten aus Sportbegegnungen
unentgeltlich erlauben. 

Auf jeden Fall scheint das Urheberrecht ueberarbeitungswuerdig zu sein. 
Im Grunde ist dieses Recht ueber 100 Jahre alt und wurde nur immer wieder
an neue Gegebenheiten (Neue Medien, etc) angepasst. Aber ein "anpassen"
genuegt nicht mehr. Prof. Frank gab den Programmierern noch den Rat ihre
Soft eben als "Public Domain", "Shareware", etc zu vertreiben um damit
immer mehr Tatsachen dahingehend zu schaffen, dass das Urheberrecht 
praktisch in seiner heutigen Form sinnlos wird.

Terra

-----------------------------------------------------------------------------