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Dummheit / Schlauheit in Netzen


Ein staendiges Problem in Mailboxen und Netzwerken sind die vielen
sogenannten Dummuser und der von ihnen produzierte Datenschrott. Darum
und um alle Randerscheinungen drehten sich die Diskussionen in den
Veranstaltungen "Dummheit in Netzen" und "Semiprofessionelle Mailboxnutzung".

Inzwischen ist es wohl so, dass etwa 90% aller Nachrichten fuer den
einzelnen Benutzer uninteressant sind, je nach Interessenlage verschiedene
Bereiche. Dies liesse sich durch ein geeignetes Datenbanksystem verhindern
oder begrenzen. Die heutige Bretterstruktur vieler Boxen ist nur etwas
wie ein klaeglicher Versuch, die Datenflut zu sortieren. In Zukunft sollte
man Mailboxsysteme planen, die sich ueber eine Datenbankabfragesprache
bedienen lassen, um die zu erwartenden Datenmassen ueberhaupt noch sinnvoll
verarbeiten zu koennen. Die Betreffzeilen reichen schon heute kaum mehr fuer
eine Vorselektion von Nachrichten aus.
Eine andere Moeglichkeit waere die Einrichtung von moderierten Brettern, in
die nur Infos und keine Kommentare, die meist fluessiger als fluessig und
daher von vielen Leuten unerwuenscht sind, kommen. Nachrichten kann man dann 
nur persoenlich an einen gewaehlten Moderator schicken, der sie bei Gefallen 
in das schreibgeschuetze Brett weiterleitet.
Praktiziert wird dies bereits bei Konferenzen in diversen Mailboxen in den
USA.

Es sollen aber auch noch andere frei beschreibbare, unzensierte Bretter
zur Verfuegung stehen, um den Benutzern ihr Recht auf freie Meinungs-
bzw. Muellverbreitung zu erhalten. Dies ist schliesslich ein entscheidender
Vorteil im Vergleich zu herkoemmlichen Medien. Jeder hat das Recht, etwas
zu schreiben, hat aber aber auch die Freiheit, es zu lassen.

Aber nicht nur die Daten muessen anders verwaltet werden. Um interessante
Beitraege und kompetente User anzuziehen, muessen die Mailboxprogramme
bedienbar werden. Der GeoNet-Standard ist hierbei schon ein Schritt in
die richtige Richtung, weil er nach einer relativ kurzen Lernphase einen 
recht maechtigen Befehlssatz zur Verfuegung stellt, der auch noch dem 
erfahrenen User ausreicht. Nun muessen die Benutzer die Mailboxen nur noch
begreifen und sinnvoll nutzen. Man muss bei den Benutzeroberflaechen einen
Kompromiss zwischen Bedienbarkeit, Geschwindigkeit und Effektivitaet von
einzelnen Befehlen finden: waehrend umfangreiche Menues (z.B. Btx, Fido) 
fuer den Anfaenger optimal sind, werden erfahrene Benutzer davon eher 
genervt. Das Konzept der Zukunft scheint eine Schreibtischmailbox fuer jeden 
Benutzer zu sein, die mit einer beliebigen Benutzeroberflaeche laeuft und 
verschiedene Netzwerkmailboxen (Server) anrufen (pollen) kann. Die Mailboxen 
wuerden erheblich entlastet und schliesslich zu reinen Servern um-
funktioniert, die die Post fuer die Benutzer zum Abholen bereitstellen. 
Jeder Benutzer koennte dann komfortabel die ganze Welt mit seinem heimischen 
Computer jederzeit erreichen. Die Verbindungen werden automatisch nachts, wenn 
es billiger ist, aufgebaut.

Um Mailboxen attraktiver fuer Nicht-Computerfreaks zu machen muss sich auch
die Einstellung einiger Sysops zu ihrer "Arbeit" aendern. Alles muss etwas
professioneller werden und die Funktion in Richtung Dienstleistung gewandelt
werden. Dann ist es auch moeglich, Geld fuer die Dienstleistungen (fuer
Datentransfer, Hilfestellungen, Informationsdienste) zu verlangen, um das 
Medienprojekt zu finanzieren und ein stabiles System aufzubauen. Die Freak-
zeit mit den selbstgestrickten und kostenlosen Mailboxen scheint vorbei zu 
sein.
Es faellt immer wieder auf, dass der Sysop als Autoritaetsperson angesehen
wird, was auch zu einer gewissen Selbstherrlichkeit des "Gottes ueber die 
Bits und Prios" fuehrt. Dies kann nicht Ziel eines Kommunikationssystems
sein. Die Sysops sollten ihre Position und Funktion ueberdenken.
Dazu zaehlt auch eine Erhoehung der Datensicherheit: Der Sysop sollte nicht
mitlesen koennen, was der User macht und die persoenlichen Nachrichten 
sollten verschluesselt gespeichert werden.
 
Das Ziel all dieser Bemuehungen ist dabei, mehr Nicht-Computerfreaks ein 
leicht bedienbares Medium zu geben, das darueber hinaus unabhaengig von
Informationsmonopolen ist.
Denn bereits jetzt besteht die Gefahr, dass ein Informationskrieg entbrennt 
und grosse Verlage sich in Mailboxsysteme einkaufen, um nicht allein auf das 
vielleicht bald ueberfluessige oder weniger bedeutsame Zeitungsgeschaeft 
angewiesen zu sein.
Der grosse amerikanische Mailboxbetreiber CompuServe hat bereits einen 
Vertrag mit einem schweizer Unternehmen geschlossen, um auch in Europa ein 
Standbein zu haben. Deutsche Verlage versuchen mit mehr oder weniger Erfolg 
eigene Datenbanken und Informationssysteme aufzubauen.

Die E-Mail hat eine grosse Zukunft in der Bundesrepublik. Auch Hobby-
netzwerker und private Mailboxbetreiber sollten ueber einen Schritt in 
Richtung Professionalitaet nachdenken, um eine attraktive Alternative zu den
kommerziellen Anbietern zu schaffen.

Henne.
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