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Parteien und Behoerden zum G-10


Im Zuge der Aenderung der Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens 
wurde auch der Artikel 10 des Grundgesetzes und der  100a, 100b der 
Strafprozessordnung geaendert.

Hier ein Auszug aus dem Bericht des Bundestagsausschusses fuer das Post- 
und Fernmeldewesen (Bundestagsdrucksache 11/4316):

"Die stuermische technologische Entwicklung mit einem immer schneller 
wachsenden Bedarf an innovativen Kommunikationsdiensten macht eine Reform 
des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost erforderlich, 
weil die heutigen institutionellen und ordnungspolitischen Strukturen den 
zukuenftigen Anforderungen nicht mehr in ausreichendem Masse gerecht 
werden."

So hat denn der Ausschuss maechtig viel gearbeitet. Die GRUENEN, die gegen 
eine Aenderung sind, haben sich an den Beratungen nicht beteiligt. Die SPD 
hat zwar "grundsaetzlich einen Regelungsbedarf anerkannt, jedoch 
erhebliche Bedenken gegen das vorliegende Gesetzgebungsverfahren, in dem 
ohne gruendliche Parlamentarische Beratung die gesetzliche zulaessigen 
Ueberwachungsmassnahmen auf jegliche Art des Fernmeldeverkehrs erstreckt 
werden sollen, geltend gemacht." (Auszug aus einem Schreiben von Arne 
Boernsen, Obmann der SPD).
Die Regierungskoalitionsparteien meinen, dass der Satelitenfunk, das 
geplante europaische Mobilfunknetz D und andere Mobile Funknetze, in denen
neben der Deutschen Bundespost weitere Private Anbieter zugelassen sind 
"sich generell zur konspirativen Kommunkation von Personen, die Straftaten 
nach 2 Abs.1 des G-10 planen behen oder begangen haben" eignet. 
(Bundestagsdrucksache 11/4316 S. 79)

Herausgekommen ist u.a. folgendes:
"Das Gesetz zur Beschraenkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses 
wird wie folgt geaendert:

Artikel 1 1 Abs. 2
Die Deutsche Bundespost hat der berechtigten Stelle auf Anordnung Auskunft 
ueber den Postverkehr zu erteilen und Sendungen, die ihr zur Uebermittlung 
auf dem Postwege anvertraut sind, auszuhaendigen. Die Deutsche Bundespost 
und jeder andere Betreiber von Fernmeldeanlagen, die fuer den 
oeffentlichen Verkehr bestimmt sind, haben der berechtigten Stelle auf 
Anordnung Auskunft ueber den nach Wirksamwerden der Anordnung 
durchgefuehrten Fernmeldeverkehr zu erteilen, Sendungen, die ihnen zur 
Uebermittlung auf dem Fernmeldeweg anvertraut sind, auszuhaendigen sowie 
die Ueberwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeverkehrs zu ermoeglichen. 
Sie haben fuer die Durchfuehrung der vorstehend genannten Anordnungen das 
erforderliche Personal bereituzhalten, das gemaess @3 Abs.2 Nr.1 des 
Gesetzes ueber die Zusammenarbeit des Bundes und der Laender in 
Angelegenheiten des Verfassungsschutzes ueberprueft und zum Zugang zu 
Verschlussachen des jeweiligen Geheimhaltungsgrades ermaechtigt ist."

Bei der Abstimmung ueber die Gesetzesaenderungen gab es nur Ja-Stimmen von 
den Ausschussmitgliedern, die den Koalitionsparteien angehoeren, die SPD-
Abgeordneten enthielten sich der Stimme, die GRUENEN stimmten nicht mit.

Arne Boernsen begruendete in seinem Brief das Verhalten der Genossen so:
"Wir halten es auch fuer unverhaeltnismaessig und unpraktikabel, das bei 
der Durchfuehrung von Ueberwachungsmassnahmen eingesetzte Personal der 
privaten Diensteanbieter einer Sicherheitsueberpruefung zu unterziehen. 
Die Bundesregierung hat erklaert, dass nach ihrer Auffasssung schon heute 
jegliche Art des Fernmeldeverkehrs einer Ueberwachungsmassnahme 
zugaenglich sei; auch das Verfahren, private Diensteanbieter einer 
Sicherheitsueberpruefung zu unterzeihen, halte sie fuer praktikabel, dies 
sei zum Teil schon heute der Fall; die technischen Ueberwachungsmassnahmen 
seien durchfuehrbar, da sie in den Vermittlungsstellen der Deutschen 
Bundespost bzw den von privaten Diensteanbietern errichteten Netzknoten 
ansetzen wuerden."

Bei einem Gespraech mit Gerhard Enoch, dem Referenten der SPD in diesem 
Ausschuss, kam das heraus, was man schon vermuten konnte. An Mailboxen und 
andere moegliche Kommunikationsformen ist bei der Aenderung des Gesetzes 
gar nicht gedacht worden. Laut Enoch wurde von den Regierungsparteien in 
der Regel das Mobile Funknetz D als Beispiel angebracht.


Fallen nun Mailboxen unter unter das geaenderte Gesetz ?

Um das herauszufinden, habe ich zuerst mal ganz unbedarft bei der 
Pressestelle des Fernmeldeamtes Oldenburg nachgefragt. Herr von Deetzen 
meinte, dass ALLE Telekommunikationseinrichtungen, die an das Fernmelde-
netz in welcher Form auch immer angeschlossen sind, selbstverstaendlich
darunter fallen.
Also auch Mailboxen? 
So explizit wollte Herr von Deetzen nicht antworten, sondern verwies mich
an die juristische Abteilung der Oberpostdirektion in Bremen.

Hier wurde mir erklaert (der Name des Herrn ist mir entfallen), dass diese
Frage politischer Natur sei und dass man sie in Bremen auch nicht so genau 
beantworten koenne. Ich moege mich doch -bitte schoen- an das Bundespost-
ministerium in Bonn wenden.

In der Pressestelle des Bundesministeriums fuer Post und Telekommunikation 
erklaerte mir Herr Bruchmueller, dass wenn private Anbieter - auch 
Mailboxbetreiber - anderen (Benutzern) ihre Dienste kommerziell anbieten, 
fallen sie unter das G-10. Denn, so Bruchmueller, Zugang zu einer Mailbox 
hat ein Benutzer nur mittels eines Passwortes. Meinen Einwand, es gaebe 
durchaus auch Mailboxen, wo ein Gastaccount moeglich ist, lies er nicht 
gelten. Dies sei lediglich eine ganz seltene Ausnahme, meinte er.

Ich hielt meine Frage immer noch nicht fuer beantwortet und wandte mich an 
den Innenausschuss im Bundestag. Der Fachreferent der SPD, Herr Moron, 
konnte mir keine Auskunft geben, fand die Frage aber hoechst interessant.
Im Uebrigen waere das doch alles nicht so schlimm, schliesslich wuerde das 
G-10 Gremium im Jahr ueber 10 bis 15 Faelle entscheiden und das seien ja 
nicht so viele. Alles Weitere moege ich doch -bitte schoen- mit dem 
Referenten des Ausschusses fuer das Post- und Fernmeldewesen, Herrn Enoch 
besprechen. Ansonsten koenne er mir nur noch empfehlen, mich an den 
Bundesinnenminister schriftlich zu wenden, er macht mich aber darauf 
aufmerksam, dass eine Antwort bis zu 3-4 Monaten auf sich warten lassen 
koennte.

Alle von mir angesprochenen Herren (!) hatten eines gemeinsam:
"Mailbox? Was ist das denn?     ...     Ach so, Computer!   ...
"Also wissense junge Frau, da haben Sie ja doch keine Ahnung von, und dass 
wir noch viel weniger davon wissen, werden Sie schon nicht merken."

Uta Wilms
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