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Moeglichkeiten des Umweltschutzes


Vor  ein  paar Tagen habe ich einen sehr interessanten Vortrag von Professor
Prosi  (Wirschaftswissenschaftler an der Uni Kiel) ueber Umweltschutz in der
Marktwirtschaft  gehoert  und  da ich finde, dass seine Ideen so manches der
heutigen  Probleme  loesen koennten, schreibe ich nun einen kleinen Artikel;
vielleicht findet ja der eine oder andere Gefallen an den Ideen.

Im  Moment  sieht  es so aus, als waere unsere Marktwirtschaft alleine nicht
in  der  Lage, die Probleme der Umweltverschmutzung zu loesen. Im Gegenteil,
sie  verschaerft  sie sogar. Massnahmen, die zwar gesamtwirtschaftlich aeus-
serst  schaedlich sind, bringen privatwirtschaftlich Vorteile. An einem Bei-
spiel  verdeutlicht: Ein Fischer faengt mehr Fische, als das Meer verkraftet
->  der Fischbestand kann sich nicht regenerieren. Fuer die Gemeinschaft ist
das  katastrophal,  denn woher soll man jetzt den Fisch nehmen? Ganz abgese-
hen  von  den  Folgen  fuer  die Natur ...  Der Fischer hingegen hat privat-
wirtschaftlich  voellig  richtig gehandelt. Haette er nur den halben Schwarm
gefangen,  so haette er befuerchten muessen, dass andere Fischer die restli-
che  Haelfte fangen und er so nur den halben Verdienst haette. Genauso steht
es  bei  der Meeresverschmutzung: "Wozu sollen wir aufhoeren, wenn die ande-
ren  weitermachen?"  Wir  handeln  also immer so, wie wir es von anderen be-
fuerchten;  auf  diese  Weise geht die Natur zwangslaeufig zu Grunde. Diesen
Teufelskreis der Marktwirtschaft nennt man 'Rationalitaetenfalle'.

Wie  kann  man  nun aus dieser Falle entkommen, wenn man die Marktwirtschaft
nicht aufgeben will? Es gibt folgende Loesungen:

- Die Nutzungsrechte (bzw. Verschmutzungsrechte) bleiben kostenlos, der
  Staat begrenzt aber die Hoechstmenge der Verschmutzung.
  Vorteil: Die Verschmutzung waechst nicht ins Grenzenlose, die Politiker
           brauchen kaum Erpressungsversuche der Industrie zu befuerchten
           (teurer Umweltschutz -> Arbeitplatzvernichtung)
  Nachteil: Es besteht kein Anreiz fuer die Industrie (und die Privat-
            leute), die Verschmutzungsmenge zu verringern, wenn man mal von
            der Verantwortung gegenueber der Natur absieht. Aber wie
            wirkungsvoll diese Motivation ist, sieht man ja heute.

- Die Nutzungsrechte werden exklusiv zugeteilt. Bsp.: Einem Fischer wird
  ein Gebiet zugeteilt, in dem nur er fischen darf.
  Vorteil: Der Eigentuemer pflegt 'sein' Stueck Natur, damit er es auch in
           Zukunft nutzen kann.
  Nachteil: Praktisch wenn ueberhaupt nur schwer zu realisieren.

- Das Recht auf Umweltverschmutzung wird frei handelbar gemacht, kostet
  also Geld.
  Vorteile:
  Durch  die  Kosten,  die nun fuer die Verschmutzung entstehen, bildet sich
  ein  Anreiz  fuer  die Firmen, die Verschmutzung zu begrenzen. Der Prozess
  wird  aehnlich wie beim Einsatz von menschlicher Arbeitskraft ablaufen: In
  den  letzten  Jahrhunderten  wurde der Einsatz menschlicher Arbeitskraefte
  immer  teurer,  so dass im Vergleich zum Bruttosozialprodukt deren Einsatz
  sank.  Den  gleichen Effekt muesste eine Verteuerung des Einsatzes von Um-
  welt  haben.  Im Gegensatz zum jetzigen System (Hoechstmengen) haette die-
  ses  Verfahren  auch  zur  Folge,  dass 'freiwillig' Geld in die Forschung
  nach  effektiveren  Reinigungsverfahren  investiert  wird. Durch die freie
  Handelbarkeit  der  'Anrechtsscheine auf Umweltverschmutzung' wuerden sich
  die  Preise  der Nachfrage anpassen, die Umweltnutzung wird also umso teu-
  rer,  je  mehr  Unternehmen die Umwelt verschmutzen wollen. Ausserdem kann
  der  Staat  weiterhin  eine Hoechstmenge festlegen, nun aber insgesamt und
  nicht  pro  Unternehmen  (die Suche nach besseren Reinigungs-Methoden wird
  also nicht gebremst).

Was  haltet  Ihr  von  der dritten Moeglichkeit? Meiner Meinung nach ist sie
einfach  ideal,  sie  waere  die Loesung unserer Umweltprobleme. Einen Haken
hat  die  Sache  allerdings:  die  Politiker. Leider wird bei uns im Umwelt-
schutz  (noch)  zuviel  Politik gemacht. Die einen wollen lieber Arbeitspla-
etze  statt Umwelt, die anderen wollen ihre Steinkohle verbrennen und wieder
andere  wollen die Gewinne der Industrie nicht sinken sehen. Zur Rettung un-
serer  Umwelt  muesste  eine  unabhaengige Behoerde ueber den Handel mit Um-
weltnutzungsrechten  wachen,  so  wie  die  Bundesbank ueber den Geldverkehr
wacht.  Wer  kaeme  schon  auf die Idee, die Politiker das machen zu lassen?
Die  wuerden  doch  nur  die Geldmenge steigern und damit in kuerzester Zeit
eine  Inflation  verursachen.  Warum  aber lassen wir die Politiker ueber so
etwas  wichtiges wie die Umwelt entscheiden?  Wir haben nur eine Umwelt, die
duerfen  wir  nicht  der Ruecksichtnahme auf parteipolitische Interessen op-
fern!  Wir  brauchen also ein unabhaengiges Bundesumweltamt, keine Umweltmi-
nisterien.

Natuerlich  haben wir nicht nur hier in Deutschland umweltpolitische Proble-
me,  in der Dritten Welt sind die Probleme noch viel groesser. Der Bundestag
meint,  Brasilien  durch  ein  Einfuhrverbot fuer Tropenhoelzer vom Abholzen
der  Regenwaelder  abhalten  zu koennen. Diese Massnahme ist zwar eine Moeg-
lichkeit,  dass  Abholzen unattraktver zu machen, aber das eigentliche Prob-
lem  beruehrt  sie  nicht. Warum werden denn die Regenwaelder abgeholzt? Nur
aus  purer  Raffgier?  Wieso  vernichten  die Menschen in Afrika die letzten
Waelder?  -  Es  bleibt ihnen gar nichts anderes uebrig, wenn sie nicht ver-
hungern  wollen. Um die Umweltprobleme dort zu loesen, muessen wir die wirt-
schaftliche  Entwicklung  dort  foerdern und bei uns neue Energieformen ent-
wickeln, die dann spaeter in der Dritten Welt genutzt werden koennen.

Es  gibt aber noch eine radikale Massnahme: Wenn wir in den Industriestaaten
bestimmte  Industriezweige wie z.B. die Stahlindustrie stillegten, so koenn-
ten  die  unterentwickelten  Laender mit der Stahlproduktion Geld verdienen,
anstatt  ihre  Regenwaelder abzuholzen. Aber wer von uns will schon auf sei-
nen  Videorekorder, seinen Zweitcomputer :-) oder den Farbfernseher verzich-
ten?  Wie  soll  man  dann das (psychologische) Problem der Arbeitslosigkeit
loesen?  Ausserdem  kommt  dann wieder das Motto "Wir handeln so, wie wir es
von  anderen  befuerchten."  zum  tragen.  Woher  wollen wir wissen, ob dann
nicht die Industrielaender in die entstandene Luecke draengen?
Es  gaebe  also Loesungsmoeglichkeiten, aber leider hat sich das menschliche
Bewusstsein noch nicht so weit entwickelt. Ob das ueberhaupt moeglich ist?

						         /
    							/karus (IKARUS@MAFIA)

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