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Editorial


Einige fanden sie gut. Einige fanden sie schlecht. Nun ist sie weg. 
Nein. Ich rede nicht von der Chalisti. Gemeint ist das zu Stein gewordene 
Monument von Hilflosigkeit, Unfreiheit und Teilung einer Welt. 
Geboren: 13. August 1961, Gestorben: 9.Novemer 1989. Die Mauer. 

Wie viele habe ich in der Nacht vom 9. auf den 10. November vor dem Fernsehen
gesehen und konnte kaum glauben was da in Berlin geschah. Am 9.11.1989 wurde
nicht die Teilung Deutschlands beendet. Darauf ist weder Deutschland, noch
Europa vorbereitet. Es ist viel wichtiger. Man hat angefangen die Teilung der
Welt zu beenden. Wenigstens zwischen Ost und West.

Noch ist in dieser Welt viel Konfrontationsdenken angesagt. West vs Ost.
Schwarz vs Weiss. Links vs Rechts. CCC vs Post. SW vs RS. Subnet vs Unido. 
Techniker vs Inhaltler. Die geistige Mauer existiert bei vielen weiter und 
wird nicht abgerissen. Neues Denken muss ueberall angesagt sein. Nicht 
einzelne, sondern ganze Gruppen muessen ueber Mauern - auch geistige Mauern - 
springen.

Die meisten der Leser werden im Jahre 2030 noch Leben. Einige vielleicht auch
noch 2050. Auf jeden Fall werden sie von den Zeiten erzaehlen koennen, wo ein
Mann in Moskau der Welt die Angst nahm, die Zeit wo die Grossmaechte anfingen
die schrecklichsten Waffen die Menschen je ersonnen haben zu vernichten, die
Zeit wo die Voelker Europas zusammenwuchsen, die Zeit wo Menschen entdeckten
das man die Umwelt und Leben jeglicher Form achten muss, wenn nicht eben diese
Umwelt uns vernichten soll. Wir wissen nicht, ob wir in 40 oder 50 Jahren so 
ueber diese Zeit reden koennen. Solange uns Menschen wie Lobi im Artikel
'Ignoranten' einen Spiegel vorhalten koennen, solange koennen wir nicht sicher
sein, dass sich Einsicht ueberall durchsetzt.

Wir haben keine Sicherheit - nicht mal eine hohe Wahrscheinlichkeit - das
unsere Welt und unsere Zivilisation weiterbestehen wird. Wir haben aber die
Hoffnung. Und das ist schon mehr als in den Jahrzehnten zuvor.  Irgendwo hies
es mal: 'Was kann der Mensch auf Erden besseres tun, als Mensch zu sein.'.
Vielleicht kommt ja wirklich noch die Zeit, dass wir genau das sein koennen: 
				Menschen.

Das Ende der Mauer in Berlin hat Hoffnung gebracht, viellecht kommen mir
daher diese Gedanken gerade in diesen Tagen , obwohl - oder vielleicht
gerade weil - wir um das Leben eines Weggefaehrten und Freundes bangen.
Den auch uns bleibt nix weiter als die Hoffnung.
	
								Frank Simon

16.11.89
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